NRW: SPD und Grüne gegen Pläne der Landesregierung

SPD und Grüne im Landtag NRW haben die Auseinandersetzung um die schwarz-gelben Angriffe auf die Mieterschutzbestimmungen aufgenommen. In ihren heute im Landtag behandelten Anträgen bekennen sich die Oppositionsparteien zu sämtlichen Landesverordnungen, die die Regierung laut ihrem Koalitionsvertrag abschaffen will.  Toll. Aber reicht die pure Verteidigung des Bestehenden aus?

„Kappungsgrenzenverordnung, Mietpreisbegrenzungsverordnung, Kündigungssperrfristverordnung, Zweckentfremdungsverordnung und Umwandlungsverordnung sind unverzichtbare Instrumente einer  sozialen  Wohnungspolitik  in  Nordrhein-Westfalen“, heißt es im Antrag der SPD. „Sie  schützen  Millionen  von  Mieterinnen  und Mietern vor ungerechtfertigten Mietpreisverlangen und sichern Wohnraum in Gebieten mit Wohnraummangel.“

Das in der letzten Legislaturperiode verschärfte und nun von der Regierung in Frage gestellte Wohnungsaufsichtsgesetz  sei  ein wichtiges „ Rechtsinstrumente gegen verantwortungslose  Vermieter, die ihren Wohnraum verkommen lassen.“ Die  Schutzmechanismen müssten „wie in  der 16. Legislaturperiode festgelegt, evaluiert und bedarfsgerecht im Interesse der Menschen fortentwickelt werden.“

„Die marktradikale  Entfesselung des Wohnungsmarktes, wie sie im Koalitionsvertrag von  CDU und FDP zum Ausdruck kommt, hat mit sozialer Daseinsvorsorge des Staates für seine  Bürgerinnen  und  Bürger  und  mit  sozialer  Marktwirtschaft  nichts  zu  tun“, heißt es bei der SPD. „Damit wendet sich die schwarz-gelbe Koalition gegen die Interessen von Millionen Mieterinnen und Mietern in diesem Land.“

Der MieterInnenverein Witten vermisst in diesen begrüßenswerten Bekenntnissen eine Ansage, in welche Richtung die „Fortentwicklung der Verordnungen“ gehen soll. Auch unter Rot-Grün galt keine der Landesverordnungen flächendeckend. In Witten gilt nicht eine.

Trotz breiter Proteste sind die Wittener MieterInnen nach dem Verkauf einer umgewandelten Wohnung nur 3 Jahre vor Eigenbedarfskündigungen geschützt. In Gebieten mit Sperrfristverordnung beträgt die Frist dagegen bis zu 8 Jahren. Es kann in Witten zu Mieterhöhungen von bis  zu 20% in drei Jahren kommen (anderswo: 15%) , und bei Wiedervermietung gilt gar keine Begrenzung. Anders als Köln oder Dortmund hat die Stadt auch keine Zweckentfremdungsverordnung erlassen um gegen Leerstand vorzugehen. Vergeblich hatten die Mietervereine eine flächendeckende Leerstandsverordnung verlangt. Vor allem aber schwiegt sich die SPD darüber aus, dass es für die  Interesse der MieterInnen börsennotierter Wohnungskonzerne Regulierungen geben müsste, die weit über die bisherige Wohnungsaufsicht hinausgehen müssten. Denn nur in wenigen Fällen geht es um echte „Schrottimmobilien“, in sehr vielen Fällen aber um ungerechtfertigte Mieterhöhungen und schwer erreichbare Wohnunsgverwaltungen.

Auch die Grünen wollen laut ihrem Antrag die bestehenden Landesverordnungen verteidigen. Anders als die SPD im Landtag fordern sie in ihrem Antrag aber außerdem eine Verschärfung  der  weitgehend wirkungslos gebliebenen Mietpreisbremse durch den Bund. Die Vormiete müsse verbindlich offen gelegt werden. Zu hoch angesetzte Mieten müsse  vom  Vermieter  von  Anfang  an  erstattet  werden.  Ausnahmen  von  der  Mietpreisbremse müssten abgeschafft werden und es müsse  Sanktionsmöglichkeit gegenüber VermieterInnen geben, die gegen die Mietpreisbremse verstoßen. Davon, dass diese und andere Gesetze flächendeckend gelten müssten, ist auch bei den Grünen keine Rede.

Offenbar befürchten die Grünen außerdem eine Infragestellung des bisherigen Wohnungsbauförderprogramms. Dieses müsse „mit seinem bisherigen Schwerpunkt im Bereich des Mietwohnungsneubaus“, mit seinen Tilgungsnachlässe und im bisherigen Umfang fortgeführt werden. Nun handelt es sich bei den „Tilgungsnachlässen“ um nichts anderes als um Zuschüsse des Staates an die Bauherren. Viele Mietervereine fordern, dass solche Zuschüsse nur an Vermieter gehen dürften, die sich auf Dauer sozial binden. Aber der Vorstoß zu einer entsprechenden „Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit“  wurde von führenden NRW-Grünen nicht unterstützt, obwohl er Teil des Bundesprogramms ist.

Trotz dieser Schwachpunkte ist aus Mietersicht ist unbedingt zu begrüßen, dass SPD und Grüne sich in aller Deutlichkeit gegen den von der Landesregierung geplanten Angriff auf Mieterrechte und sozialen Mietwohnungsbau wenden. Wenn sie diesen Ton schon vor der Landtagswahl angeschlagen hätten, wären dann nicht vielleicht mehr MieterInnen wählen gegangen und hätten für ihre Interessen gestimmt?

„Es ist höchste Zeit, das SPD, Grüne und auch Die Linke jetzt aufwachen und den MieterInnen  an der Basis überzeigend erklären, wie sie die Wohnungskrise nach der Bundestagswahl  lösen wollen“, meint Knut Unger vom MieterInnenverein Witten. „Bei einem erfolgreichen  Durchmarsch von Schwarz-Gelb nach Berlin können  wir mit jahrelangen Stillständen und Rückschritten  für die Rechte der MieterInnen rechnen.“