TOP 5 der Vonovia-Betriebskostentricks in Witten

Unter dem Titel „Bereichert sich Vonovia an seinen Mietern?“ berichtete Spiegel-Online gestern über Vorwürfe von Mietern, der größte deutsche Wohnungskonzern verlange immer wieder unberechtigte Betriebskosten. Der MieterInnenverein Witten kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Betriebskostenabrechnungen der Vonovia fast immer Fehler zu Lasten der MieterInnen enthalten. „Wir kennen bei uns KEINE Betriebskostenabrechnung der Vonovia SE, die rechtlich völlig korrekt wäre“, sagt Vereinssprecher Knut Unger. Hier die aktuellen TOP5 der Vonovia-Betriebskostentricks aus den Akten des MieterInnenvereins Witten:

Betriebskostentrick Nr. 1: „Hausmeister“

Diese Methode scheint bundesweit eingesetzt zu werden. Deshalb beschreiben wir sie etwas ausführlicher.

Als die Vonovia-Vorgängerin Deutsche Annington 2008 massenhaft personal entließ, die dezentralen Niederlassungen schloss  und die Wohnungsverwaltung bundesweit von einem einzigen Großbüro aus betrieb,  hatte das katastrophale Folgen und führe zu hohen Leerständen. Die fehlende Kundennähe wurde deshalb durch den Aufbau einer „Objektbetreuer-Organisation“ kompensiert. Die bei einem Tochterunternehmen der Vonovia angestellten „Hausmeister“ haben nun die Aufgabe, umfangreiche elektronische „Task-Listen“ für viele kleine Kontrollaufgaben abzuarbeiten.  Das  reicht von der wöchentlichen „Kontrolle von Türen und Schlössern“ bis zur monatlichen „Kontrolle der Gehwegplatten“.

Sieht man sich mit den MieterInnen   diese „detaillierten Tätigkeitsnachweise“, die aus  langen und eintönigen Excel-Tabellen bestehen an. So fällt diesen fast immer auf, dass ein erheblicher Anteil der angeblich durchgeführten Tätigkeiten nie beobachtet wurde. Das können die Mieter besonders gut dann beurteilen, wenn es um Reinigungen geht, die in der Regel von ihnen selbst ausgeführt wurden oder um das Auswechseln von Glühbirnen. Ein Teil der Tätigkeiten, die in den Auftragslisten angegeben sind, kann gar nicht durchgeführt worden sein, weil es die entsprechende Einrichtung gar nicht gibt, zum Beispiel ein Spielplatz der „inspiziert“ worden sein soll oder eine „Lichtschacht“, an dem angeblich „Sichtkontrollen“ stattgefunden haben.

Wenn der „Hausmeister“ dennoch einen Teil der angegebenen Aufgaben „erfüllt“, besteht seine Tätigkeit ganz überwiegend darin, die umfangreichen Listen in seinem Tablet auszufüllen. Die Mieterverein sprechen von einer „bloßen Freizeichnung von Verkehrssicherungspflichten im IT-System“.  Denn andere als versicherungstechnische Auswirkungen dieser Datenerfassung sind nicht ersichtlich. Nach Beobachtungen eines Wittener Mieters entfallen wöchentlich wenige Minuten auf die Inspektion des Hauses, aber eine halbe Stunde für die Datenverarbeitung am Tablet.

Mieter und Mietervereine vermuten, dass die Vonovia hohe Gewinne mit der Abrechnung der Hausmeisterkosten macht. Denn wenn man die von den Mietern verlangten Kosten auf die von der Vonovia bestätigte Anzahl von durchschnittlich 700 Wohnungen pro Hausmeister hochrechnet, kommt man auf Einnahmen, die ein Mehrfaches der wahrscheinlichen Personal- und Nebenkosten der Hausmeister betragen.

Ganz genau lässt sich das nicht überprüfen. Denn die Vonovia weigert sich, die spezifischen Personalkosten ihrer Objektbetreuer offen zu lagen. Zum Beleg der Kosten legt sie den Mietervereinen immer nur interne monatliche „Rechnungen“ und die besagten „detaillierten Tätigkeitsnachweise“ vor. Nach Aussagen von Vonovia-Vertretern hat jede einzelne Tätigkeit einen internen „Preis“, den sie aber nicht offen legen wollen.

Im Ergebnis sind die Kosten nach unserer Ansicht nicht belegt. Und schon deshalb müssen sie von den MieterInnen auch nicht bezahlt werden.  Die Auseinandersetzung um diese Punkte läuft seit mehreren Jahren. Aber immer wieder schickt die Vonovia die gleichen umstrittenen Abrechnungen.

Betriebskostentrick Nr. 2: „Winterdienst“

Die Vonovia rechnet in manchen Wohnanlagen „Winterdienst„-Einsätze ab, die nicht stattgefunden haben. Wittener Mieter haben mehrere Jahre lang genau Protokoll geführt. Es werden auch Einsätze an Tagen abgerechnet, an denen es keinen Schnee und Eis gab.

Betriebskostentrick Nr. 3: „Gartenpflegekosten“

Zum Beleg der Kosten des „Wohnumfeldes“ legt die Vonovia inzwischen lediglich innerhalb des Konzerns ausgestellte Rechnungen vor, die im Detail nicht zu überprüfen sind, da sie keine Angaben zur Kostenstruktur und den genauen Aufgaben enthalten. Die Vonovia übersendet  „detaillierte Tätigkeitsnachweise“, die nur sehr allgemeine Stichworte wie „Rasenpflege“ oder „Gehölzflächenpflege“ enthalten, ohne dass irgendwo erläutert wird, welche Leistungen konkret erbracht werden sollen.

Regelmäßig in den Kosten der Gartenpflege enthalten sind Kosten einer sogenannten „Baumwartung“ . Es handelt sich hier um eine standardisierte Prüfung der Sicherheit, die zu den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten des Vermieters zu zählen ist und ohne gesonderte Vereinbarung nicht auf die Miete abgewälzt werden kann. Diese Kosten gehören nach überwiegender Rechtsmeinung nicht zu den Gartenpflegekosten. Trotzdem verlangt die Vonovai sie Jahr um Jahr. Die meisten Mieter bekommen das gar nicht mit, denn sie werden meist erst dann deutlich, wenn die Kostenbelege eingesehen werden.

Betriebskostentrick Nr. 4: „Müllabfuhr/Dienstleistung“

Unter dem aktuellen Schlagwort Müllabfuhr/Dienstleistung werden in manchen Fällen Kosten für Müllreduktionen verlangt, die Jahre zurückliegen.  Angebliche Reinigungen von Müllstandplätzen wurden nicht von der Vonovia durchgeführt, sondern von unbezahlten Mietern. Angebliche „Informationsveranstaltungen“ gab es nie.

Betriebskostentrick Nr. 5: „Hausstrom“

Für den Hausstrom hat die Vonovia überall Verträge mit einem Versorger abgeschlossen, der in vielen Fällen teurer ist als lokale Anbieter. Man kann sogar als Einzelkunde oft billigere Verträge abschließen, und zwar für Öko-Strom.  Wahrscheinlich  wurde der Anbieter von Vonovia deshalb  ausgewählt, weil er die Abrechnung erleichtert und zusätzliche Informationen erfasst, die für die Vonovia interessant sind.

Die Liste kann erweitert werden.

 

Industrie der Kostenabwälzung und Gewinnmaximierung durch Nebenkostenabrechnungen

Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Man kann der Vonovia vorwerfen, eine regelrechte Industrie der Kostenabwälzung und Gewinnmaximierung durch Nebenkostenabrechnungen aufzubauen. Die Vonovia selbst stellt diese Gewinne in ihren Geschäftsberichten als Beitrag für das erfolgreichs Wachstum des Segments „Value Add“ dar. Die operative Gewinn (EBITDA) dieses Bereiches stieg im Geschäftsjahr 2017 von 57 Mio. Euro auf 102 Mio. Euro.

Zu Hilfe bei ihren Geschäftspraktiken kommen der Vonovia unscharfe gesetzliche Regelungen. So ist gesetzlich nur unscharf bestimmt, was eigentlich umlagefähige Hausmeisterkosten sind und die Abforderungen an die formelle Wirksamkeit der Abrechnungen sind in den letzten Jahren von den Gereichten immer weiter abgesenkt worden. Bei der Gestaltung ihrer Belege hat die Vonovia nach dem Insourcing zahlreicher früher externer Aufgaben große Spielräume. Immer häufiger handelt es sich um Rechnungen, die die Vonovia an sich selbst ausstellt. Gereichte, geschweige denn Laien, können die riesigen Abrechnungsmaschinerien der Konzerne nicht mehr durchschauen.

Die privaten Konzerne nutzten die damit verbundenen Möglichkeiten  massenhaft und systematisch aus. Um das zu bekämpfen, brauchen wir auch bei den Nebenkosten schärfere gesetzliche Regelungen.