LEG-Hauptversammlung: Steigende Dividenden zu Lasten der Mieter

UPDATE 17.5.2018, 13:30 Uhr | Während die LEG Immobilien AG bei den Hauptversammlungen der letzten Jahre immer wieder noch mehr „Wachstum“ versprach, lautet das Motto in diesem Jahr nur noch „Chancen nutzen- Innovativ handeln“. Geht der LEG Immobilien AG, die vor zehn Jahren aus der Privatisierung des landeseigenen Wohnungsunternehmens hervorging, die Puste aus? Nach Beobachtungen von Mietervereinen mehren sich die Anzeichen eines systematisch überforderten Managements. Trotz stark überdurchschnittlicher Mieterhöhungen und ständiger Umstrukturierungen funktionieren alltägliche Abläufe in der Wohnungsbewirtschaftung immer schlechter. Daran kann der vom Vorstand beabsichtigte vermehrte Einsatz von Mieter-Apps und Vermieter-Bildschirmen in den Wohnungen nichts ändern.

Schaut man auf die Dividenden,  ist der größte Wohnungseigentümer im Land NRW auch weiter auf Wachstumskurs: Lag die Ausschüttung in Jahren 2016 und 2017 bei 142 Mio. Euro (1,96 €/Aktie bzw. 2,26 €/Aktie), sollen 2018 192 Mio. Euro (3,04 Euro/Aktie) an die Aktionäre ausgezahlt werden. Das sind 10 % mehr als im Vorjahr und 35 % mehr als 2016. Bei der LEG-Hauptversammlung am 17 Mai versprach der LEG-Vorstandsvorsitznede Hegel den AktionärInnen eine weitere Steigerung der Dividende.

Wo kommt dieser erhöhte Gewinn her? Vor allem aus den Mieten. Diese wurden bei der LEG im Jahr 2017 in freifinanzierten Wohnungsbestand um 4,1 Prozent angehoben. Das ist wesentlich mehr als der bundesdeutsche Durchschnitt von 1,7 Prozent und stellt auch eine deutliche Steigerung gegenüber den Mieterhöhungen des Vorjahres (3,4 %, freifinanziert) dar.

Die Mietzahlungen sind für den operativen Gewinn entscheidend. 2017 wurden 535 Mio. Euro Nettokaltmieten eingenommen. Nach Abzug von Instandhaltungsaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen und anderen Bewirtschaftungskosten blieben 399 Mio. Euro übrig. Sie bilden das operative Ergebnis aus Vermietung und Verpachtung. (Ergebnisbericht 2017, S. 62) Die zweite potenzielle Einkommensquelle, der Verkauf von Immobilien, führte Jahr 2017 zu einem Verlust von 3,7 Mio Euro. Dienstleistungen für Dritte brachten 6,3 Mio Euro operativen Gewinn. Das Ergebnis aus den Mieten macht unter dem Strich 99 % des operativen Gewinns aus. Auch wenn wir die Ergebnisse aus Zinsen und Beteiligungen hinzurechnen, machen die Mieten immer noch 97 % der positiven Ergebnisse aus. Das aber heißt: Die Dividenden werden fast allein von den MieterInnen gezahlt. Die Dividende beträgt 48 % des operativen Vermietungsergebnisses. Der Rest des Vermietungsgewinns fließt in Zinsen und Managementkosten.

VON JEDEM EURO MIETE FLIESSEN 25 CENT IN DIE DIVIDENDE

Sehen wir uns die Verwendung der Mietzahlungen genauer an (Ergebnisbericht 2017, S. 62), so können wir weitere klärende Feststellungen treffen: Insgesamt 107 Mio. Euro werden für die Instandhaltung (51 Mio €) und den Personalaufwand (56 Mio. €, incl. eigene Reparaturen) eingesetzt. Die gesamten Bewirtschaftungskosten der Wohnungen betragen 135 Mio. €. Das Entspricht 25 % der Mietzahlungen. Nur rund ein Viertel der Mietzahlungen wird also für die Unterhaltung der Wohnung benötigt. Der Rest fließt in die Zinsen und Management, vor allem aber in die 192 Mio. Euro schwere Dividendenausschüttung, die 36 Prozent der Mietzahlungen ausmacht.

Bildhafter gesprochen: Von jedem Euro Miete, den die MieterInnen zahlen fließen 25 Cent in die laufenden Bewirtschaftungskosten wie Instandhaltung und Personal und 36 Cent in die Dividende. Ohne die Dividenden könnten die Mieten der LEG um ein Drittel günstiger sein. Oder: Wenn nur die Hälfte der Dividende zurückinvestiert würde könnten damit doppelt so viele Wohnungen ohne Mieterhöhung renoviert werden wie heute und gelichzeitug könnet fast 50 % mehr Personal eingestallt werden, um den alttäglichen Service zu verbssern. Das alles ohne Mieterhöhung, und es gäbe immer noch Gewinne für nachhaltig orientierte Anlager (bei dann sich niedrigeren Aktienkursen).

Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Die Bedienung der Aktionäre ist das Gegenteil von Investitionen. Sie entziehtt dem Unternehmen Kapital, das dringend für der Erhalt und die Verbsserung der Gebäudesubstanz benötigt würde.

INSTANDHALTUNGSMUFFEL UND MODERNISIERUNGSLÖWEN

Mit jährlichen Ausgaben von nur 8,59 €/m² für die Instandhaltung gehört die LEG im Bereich der Gebäudeerhaltung zu den Schlusslichtern der Branche, und zwar seit Jahren. Manche Genossenschaften und kommunale Wohnungsunternahmen geben das Doppelte aus. Kein Wunder, dass bei der LEG im Winter häufig die Heizungen ausfallen. Noch schlimmer ist, wenn die MieterInnen auf die Reparatur der defekten Heizungen viele Wochen warten müssen, weil es innerhalb der Konzerns zu Abstimmungsschwierigkeiten kommt, Ersatzteile nicht vorrätig sind und zu wenig Personal vorhanden ist.

Einen Teil des Instandhaltungsstaus versucht die LEG damit zu beheben, dass sie zu mieterhöhungswirksamen Modernisierungen greift. Um 38 Mio. Euro hat die LEG im Jahr 2017 diese Modernisierungsinvestitionen erhöht und damit zum Beispiel Fassadendämmungen oder Balkonanbauten finanziert. Diese Maßnahmen führen jedoch zu starken Erhöhungen der Mieten. In Witten zum Beispiel beträgt die Mieterhöhung nach einer reinen Fassadenmodernisierung über 90 Euro. Nachfragen zum Beleg dieser Mieterhöhungen lässt die LEG dort ebenso unbeantwortet wie Härteeinwände. Nach Ansicht des MieterInnenvereins sind allerdings die Modernisierungsmieterhöhungen der LEG in Witten ohnehin rechtlich unwirksam, weil in den Schreiben wesentliche Angaben fehlen.

In Dortmund gab es nach Modernisierungsmaßnahmen zwar Reaktionen auf die Härteeinwände, diese waren aber inhaltlich nicht nachvollziehbar. So wurde vor kurzem der Einwand eines Mieters abgelehnt, der sich finanziell nicht in der Lage sah, die nach Modernisierung gestiegene Miete zu bezahlen. Zur Begründung führte die LEG aus, dass ihm trotz höherer Miete ein Haushaltseinkommen „über dem Hartz IV-Regelsatz“ bliebe. Die Rechtsprechung geht zum Teil von einer Zumutbarkeitsgrenze von 30 Prozent des Haushaltseinkommens aus.

Im Herbst 2017 hat die LEG ein zusätzliches Modernisierungsprogramm gestartet, das in den Jahren 2018 und 2019 zu einer noch höheren Steigerung der Mieteinnahmen führen soll. Es sind also für die MieterInnen jede Menge Mieterhöhungen, Verdrängungen, Staub und Lärm zu befürchten.

SERVICEDESASTER

Auch dann, wenn keine Reparaturen oder Modernisierungen anstehen, sorgt die LEG alltäglich für Mieterärger. Schon bei der Vermietung neuer Wohnungen kommt es öfter zu „Missverständnissen“, nach Einzug werden zum Beispiel vereinbarte Verschönerungen nicht vorgenommen. Einem Wittener Ehepaar, das darauf die Miete minderte, wurde die fristlose Kündigung angedroht. Hausmeister, die früher jedem Mieter und jeder Mieterin persönlich bekannt waren, kommen nur noch sporadisch bei einzelnen MieterInnen vorbei.

Die Abschaffung der offenen Sprechstunden der örtlichen Kundencenter und Büros in Großsiedlungen im Herbst 2016 hat die Situation weiter verschärft. Beschwerden über die schlechte Erreichbarkeit der LEG sowie ein mangelhafter Service sind bei den Mietervereinen Dauerbrenner. Obwohl die meisten BewohnerInnen den „Hauswart“ seitdem nie zu Gesicht bekommen, werden ihnen in den Nebenkostenabrechnungen für dessen Einsatz Zahlungen abverlangt. Der Anteil der in den Hauswartkosten enthaltenen „Umlagen“ hat sogar zugenommen. Aber das ist nicht der einzige Konfliktpunkt in den Betriebskostenabrechnungen.

In Witten weiß die LEG in etlichen Fällen nicht, wo die Mülltonnen stehen, deren Kosten sie den falschen Mietern berechnet. An verschiedenen Standorten setzt die LEG ein sogenanntes Müllmanagement ein, das aber nicht überall auch regelmäßig erscheint. Im Einzelfall können die Kosten immens werden. Der Fall der extrem hohen Kosten eines Müllschleusensystems in der Trabantenstadt Dorsten-Barkenberg wir im Juni in der Berufung vor dem Landgericht Essen verhandelt.

AUTOMATISIERTE RECHNUNGEN

Äußerst schwer tut sich die LEG auch mit dem Beleg der Betriebskosten. Es dauert viele Monate, bis die LEG angeforderte Belege (auf deren Einsichtnahme  der Mieter ein Recht hat) übersendet. Sie sind dann in der Regel nicht vollständig. Bis aufgefallenen Fehler von der LEG tatsächlich geprüft werden, können Jahre vergehen. Gleichzeitig neigt die LEG dazu, im Monatsrhythmus Zahlungserinnerungen zu verschicken.

Auch wenn immer mehr MieterInnen solche Erinnerungen ignorieren (was nicht in jedem Fall ratsam ist) ist die Rücklaufquote der genervten und verunsicherten „KundInnen“ groß genug, um das automatisierte Versenden von ungeprüften Mahnungen zu einem sicheren Geschäft zu machen. Ähnlich ist es mit Mietererhöhungsverlangen, die häufig fehlerhaft sind, von vielen MieterInnen aber spätestens nach Zugang der automatischen Erinnerungsschreiben unterzeichnet werden, die mit Klage drohen. Zu tatsächlichen gerichtlichen Klage der LEG kommt es freilich nur selten. Die bloße Drohung ist lukrativer.

LEG-MIETER HABEN KEINE CHANCE, ABER NUTZEN SIE

Um diesen Zuständen eine Ende zu bereiten, haben wir gefordert, die Dividende auf 1 Euro pro Aktie zu begrenzen. Die freiwerdenden Mittel in Höhe von 129 Mio. Euro hätten dann in die Verbesserung der Wohnungsbestände und der Wohnungsverwaltung investiert werden können, ohne dass dies zu Mieterhöhungen führen müsste. Im Unterschied zum jetzigen Geschäftsmodell würde damit der reale Wert der Wohnungen und der Unternehmens auf Dauer erhalten.

Auch das Vergütungssystem des Vorstandes sollte man deutlich abändern und ihn nicht für jede Mieterhöhung auch noch belohnen.  Die Wohndauer oder die Zahl der MieterInnen mit Wohnkosten unter 30 %, auch die CO2-Reduktion oder das Tempo bei der Bearbeitung von Reperaturanfragen: das sollten Kriterien für eine Vergütung sein. Und damit es dabei auch eine Kontrolle gibt, müsste es einen Aufsichtsrat geben indem nicht nur Finantleute sitzen, sondern auch Vertreter der Mieterschaften und der Belegschaften.

Natürlich erscheint die Realisierung solcher Forderungen in einem Unternehmen, das auf  Finanzanleger ausgerichtet ist, unwahrscheinlich. Allerdings wollen sich die Pensionsfonds, die zum größere Aktienpakete an der LEG dafür auch nicht schämen müssen, uns sie wollen auch nicht zusehen, wie der Vorstand im Wachstumswahn die LEG ins Aus manövriert.

In diesem Sinne halten wir uns an ein abgewandeltes LEG-Motto: „LEG-Mieter haben keine Chance, aber nutzen sie.“