Die MieterInnen in der Röhrchenstraße 51 – 53A wehren sich gegen extrem hohe Mietsteigerungen und zum Teil unsinnige und extrem belastende „Modernisierungsmaßnahmen“ durch ihren Vermieter, die LEG Immobilien SE. Bereits vor Beginn der Maßnahmen wurden im grünen Hinterhof ohne Vorankündigung Bäume gefällt und ein Kinderspielplatz beseitigt. Der MieterInneverein befürchtet für das gesamte Wohngebiet eine starke Anhebung der Mieten und eine Verdrängung der jetzigen BewohnerInnen. Er fordert ein alternatives Konzept zur behutsamen Sanierung und die Unterstützung der Stadt Witten.
Im März 2021 kündigte die LEG Immobilien SE eine komplexe Modernisierung der überwiegend aus den 50er Jahren stammenden ehemaligen Werkswohnungen in dem Whgebeit unterhalb des Helenenbergs an. Nach Vornahme von Dämmmaßnahmen, der Erneuerung von Fenstern und Türen, und dem Anbau von Balkonen sollen die Mieten um 100 bis weit über 120 Euro pro Wohnung steigen, – was bis zu einem Drittel mehr Grundmiete ist als bisher.
Der Nutzen der geplanten Dämmmaßnahmen für den Klimaschutz ist außerordentlich zweifelhaft, da die Häuser bereits über eine Wärmedämmung verfügen. Die für einen Austausch vorgesehenen Fenster und Türen haben ihre Lebensdauer überschritten und müssten eigentlich ohne Mieterhöhung erneuert werde. Mit Hilfe der Modernisierungen versucht die LEG, große Teil dieser Sanierungskosten auf die MieterInnen abzuwälzen, was rechtlich nicht zulässig ist.
Die Balkone sind aus Sicht der meisten MieterInnen an sich wünschenswert, – falls dafür die Mieten dafür nicht zu stark steigen. Die Errichtung der Balkonzugänge führt zum Teil aber auch zu großen Veränderungen in den Wohnungen. Es müssen für die Balkontüren Wände aufgebrochen und Heizkörper verlegt werden. Einbauküchen können in den kleinen Räumen zum Teil nicht mehr aufgestellt werden. Für einen Teil der MieterInnen stellen die Balkone keine Verbesserung dar. Es ist unklar, wie die LEG mit diesen Problemen umgehen will.
Aus den Ankündigungsschreiben zur Modernisierung gehen diese und andere wichtige Details der Maßnahmen, insbesondere auch deren Kosten, nicht hervor. Die erforderlichen Erneurungs- und Erhaltungsmaßnahmen, die nicht zu einer Mieterhöhung führen dürfen, werden völlig unzureichend berücksichtigt. Die MieterInnenverein hält die Ankündigungen, die zudem nicht alle MieterInnen erhalten habe, für rechtlich unwirksam. Bislang müsse niemand die Maßnahmen dulden udn etwa Bauarbeiter in die Wohnung lassen.
Bereits vor Beginn der eigentlichen Maßnahmen an den Gebäuden wurden im grünen Innenhof Bäume und ein Spielplatz beseitigt. Da, wo bis vor kurzem noch Kinder spielten, befindet sich eine ausgehobene, kahle Fläche. Nach Auskunft eines Bauleiters gegenüber MieterInnen sollen hier Garagen entstehen. Ein Bauantrag wurde nach Anfrage von MieterInnen bei der Stadt Witten aber noch nicht gestellt.
Viele betroffene MieterInnen verfügen nur über ein geringes Einkommen. Auf Anraten des MieterInnenvereins hat eine ganze Reihe von ihnen fristgemäße Einwendungen wegen wirtschaftlicher Härte eingereicht. Mieterhöhungen sollen ausgeschlossen werden, soweit sie zu Wohnkostenbelastungen von mehr als 30% des Nettoeinkommens führen. Der MieterInnenverein fordert, dass die LEG derartige Härteeinwände auch nach der bereits abgelaufenen gesetzlichen Frist weiterhin akzeptiert und dass sie über den Mieterhöhungsverzicht vor Beginn der Maßnahmen entscheidet.
Nach den bisherigen Informationen müssen die MieterInnen für mindestens 12 Monate Bauarbeiten erdulden. Verzögerungen sind sehr wahrscheinlich. Besonders für den Balkonanbau wird es zu starken Lärm- und Staubbelastungen kommen. Wer Kinder betreut, im Homeoffice oder auf Nachtschicht arbeitet, sieht einer besonders schweren Zeit entgegen. Einige Mietparteien haben nach Bekanntgabe der LEG-Pläne rechtzeitig gekündigt.
Die leergezogenen Wohnungen werden schon vor Beginn der Maßnahmen zu Mieten von 8,20 Euro/qm, angeboten, was 41 % über dem derzeitigen Mietspiegelwert und 33 % über dem Mietspiegelwert für modernisierte Wohnungen liegt. Die tatsächliche Dauer der Maßnahmen wurde in den Angeboten mit nur sechs Monaten angegeben. Der MieterInnenverein warnt Wohnungssuchende davor, vor Abschluss der Modernsierungen Mietverträge abzuschließen.
„Wir fordern die Stadt auf, zu überprüfen, ob hier nicht eine strafbare Mietüberhöhung gem. § 5 WiStG beabsichtigt ist und ob alle Baugenehmigungen erteilt sind, auch für die Zerstörung des grünen Innenhofes“, sagt Vereinssprecher Knut Unger.
Der MieterInnemverein befürchtet, dass die LEG über kurz oder lang in allen ihren Wohnungen an der Röhrchen- und Schützenstraße mit Hilfe von Modernsierungen starke Mieterhöhungen durchsetzen will. Denn es befinden sich dort viele weitere Häuser, die längst erneuerungsbedürftig sind. Durch die Baumaßnahmen und die folgenden Mieterhöhungen drohen viele der jetzigen BewohnerInnen verdrängt zu werden. Das innenstadtnah am grünen Helenenberg und in Nähe eines Villenviertels gelegene ehemalige Arbeiterquartier lässt sich nach der Renovierung teuer vermarkten. „Witten wird so ein weiteres Wohngebiet mit günstigen Wohnungen verlieren. Es entstehen höhere Sozialkosten“, warnt Unger. „Und es wird zu einem weiteren Antrieb der Mieten in ganz Witten kommen.“
Statt der von der LEG geplanten Verdrängungsrenovierungen fordert der MieterInnenverein eine behutsame Erneuerung des Wohngebiets unter Einsatz (bereitstehender) öffentlicher Fördermittel. Dies führe nur zu begrenzten Mieterhöhungen und sozialen Bindungen. „Bei der Planung der Details müssen die jetzigen BewohnerInnen mitbestimmen könne. Es kann nichst sein, dass frü die Balkone Küchen umgebaut werden, ohne dass sich die LEG einmal die Wohnungen angesehen und mit den BewohnerInnen gesprochen hat „, fordert Unger. Das Grün müsse unbedingt erhalten werden. Zwecks Einsparung von CO2 müsse eine Lösung für das ganze Quartier gefunden werden, die nicht nur auf die teuren und auch ökologisch umstrittenen Wärmedämmungen mit Polystyrol setzen.
Für die Durchsetzung eines solchen Konzeptes fordert der MieterInnenverein die Unterstützung der Stadt. Der Verein erinnert an seine Forderung nach sozialen Erhaltungssatzungen („Mileuschutz“). Nach einer Bestimmung des Baugesetzbuches kann die die Stadt Modernisierungen und Eigentumsumwandlungen unter kommunalen Genehmigungsvorbehalt stellen, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gefährdet ist. Dies ist hier der Fall. Außerdem kann sich die Stadt ein Vorkaufsrecht sichern. Der Erlass einer derartigen Satzung würde die Stadt in eine günstigere Verhandlungsposition bringen, um eine behutsame Sanierung durchzusetzen.
Die MieterInnen der aktuell betroffenen Häuser haben sich unterdessen zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen. Mit Unterstützung des MieterInnenvereins wollen sie über die ungeklärten Fragen, Planungsdetails, Komensatonen während der Bauzeit und die Mieterhöhungen mit der LEG ins Gespräch kommen. In diesem Sinne haben sie sich einem Schreiben an die LEG gewandt. Ein Gespräch vor Ort wurde von der LEG inzwischen zugesagt.