
Bei seiner Sitzung am 7.4.2025 hat der Rat der Stadt Witten einer Anhebung der Mietspiegelwerte um 5,9 Prozent zugestimmt. Die Fortschreibung erfolgt nach dem Lebenshaltungskostenindex. Möglich wäre auch eine Stichprobe gewesen. Erhebungen in Nachbarstädten lassen vermuten, dass die Mieten wahrscheinlich etwas weniger stark gestiegen sind als der Index. Dass sich die Stadt Witten nicht zu einer Erhebung entschlossen hat, ist deshalb bedauerlich. Der MieterInnenverein Witten hatte der Erhöhung im Vorfeld nicht zugestimmt. In der Ratssitzung enthielte die Linksfraktion der Stimme. Ratsmitglied Oliver Kalusch schloss sich in seiner Rede der Kritik des MieterInnenvereins an und stellte heraus, dass der Miepspiegel nach geltendem Recht ein Mieterhöhungsinstrument darstellt.
Der MieterInnenverein Witten befürchtet, das vor allem die großen Wohnungskonzerne Vonovia und LEG die neuen Erhöhungsmöglichkeiten ausnutzen werden. Das belastet nicht nur die privaten, auch die öffentlichen Haushalte. Die Mietsteigerungen der börsennotierten Konzerne sind seit langem einer der Hauptgründe dafür, dass das Wohnen auch in Witten für alle immer teurer wird.
Vonovia und LEG treiben die Mieten für alle an
Aktuell (7.4.2025) bietet die Vonovia nur zwei Wohnungen (In der Schulze-Delitzsch-Str. 23 und in der Holbeinstraße) zur Vermietung in Witten an. Die geforderten Mieten liegen nach Einschätzung des MieterInnenverein Witten 40 bis 50 Prozent über den bisherigen Mietspiegelwerten. Nach Beobachtungen des Vereins liegen die Angebotsmieten der Vonovia seit langem mindestens 30 Prozent über dem Mietspiegel.
Bei der LEG Wohnen sind nach Einschätzung des MieterInnenverein mindestens drei von 15 aktuelle überprüften Wohnungsangebote um mehr als 30 % überhöht, und zwar am Kohlensiepen 134, der Schückingstraße und der Straße „Im Rohr“. Bei den restlichen 12 Angeboten der LEG beträgt die Überhöhung 25 bis 30 Prozent.
Würde in Witten die sogenannte Mietpreisbremse gelten, könnten Mieter nach Vertragsabschluss die Absenkung der überhöhten Forderungen durchsetzen. Aber nach den Kriterien der Landesregierung besteht in Witten kein „angespannter“ Wohnungsmarkt, und das Gesetz gilt deshalb nicht für diese Stadt.
Vor allem die LEG macht sich zudem mit vielen unbegründete Mieterhöhungen bemerkbar. Bestandsmieter erhalten fast jedes Jahr ein neues Mieterhöhungsverlangen. Oft sind die Angaben in diesen Schreiben falsch. Zum Beispiel wurden in der Rathenaustraße und in der Knappensiedlung Modernisierungsaufschläge für Wärmedämmungen verlangt, die weit mehr als 10 Jahre zurückliegen und nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Mieter, die sich mit dem MieterInnenverein gegen diese Erhöhungen rechtlich zur Wehr setzen, haben ge-
richtlich oder außergerichtlichen Erfolg und kommen an den Erhöhungen ganz oder teilweise vorbei. Die große Masse der Mietenden stimmt aber ungeprüft zu und sorgt damit mit dafür, dass die Mieten für alle steigen.
Gespaltene Angebotsmieten
Im Vergleich zu Vonovia und LEG halten sich andere große Vermieter, insbesondere die Genossenschaften und die kommunale Siedlungsgesellschaft, bei ihren Mietforderungen zurück. Das Niveau der Angebotsmieten ist „gespalten“.
Wegen des Wohnungsmangels sind viele Wohnungssuchende auf die Angebote von Vonovia und LEG angewiesen. Ihre hohen Neuvertragsmieten fließen über die Mietspiegelerhebungen in den Durchschnitt ein und führen so zu einer Steigerung der Wohnkosten aller MieterInnen.
Dies wurde durch eine Auswertung bei der letzten Erhebung zum Mietspiegel (2023) bestätigt. Die in der Stichprobe berücksichtigen Durchschnittsmieten eines großen Anbieters (wahrscheinlich der Vonovia) lagen 15 % über dem Durschnitt aller Anbieter ohne Be-
rücksichtigung der Merkmale. Im Vergleich zu den zusammengefassten Werten des kommunalen Wohnungsunternehmens und der größten Genossenschaft betrug der Abstand 23 %. Bei der LEG ist der Abstand etwas geringer.
Witten braucht den Mietdeckel
Für die Deckelung der Mieten brauchen wir ein anderes Bundesrecht. Der MieterInnenverein Witten fordert einen Mietendeckel, mit dem für alle Städte faire Höchstmieten festgesetzt werden. Zumindest sollte die Mietpreisbremse auch auf das gesamt Ruhrgebiet ausgedehnt werden.
Aber auch jetzt schon könnte die Stadt den Mietpreistreibern entgegentreten. Nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz begehen Vermieter, die Ausnutzung eines geringen Angebots die üblichen Entgelte um mehr als 20 Prozent übersteigen, eine Ordnungswidrigkeit. Die Mieten müssen entsprechend abgesenkt werden. Die Verfolgung der Mietüberhöhung ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der
strenge Anforderungen an den Beweis der Ausnutzung der gerngen Angebots stellt, allerdings sehr er-
schwert. Die Stadt Frankfurt hat gezeigt, dass der Beweis trotzdem gelingen kann. Der Bundesrat hat in der letzten Legislatur einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der das kommunale Vorgehen erleichtern soll.
Hintergrund: Fortschreibung nach Stichprobe oder nach Index
Nach § 555d BGB musss ein qualifizierter Mietspiegel, wie er in Witten vorliegt, alle 4 Jahre auf der Grundlage einer statistischen Erhebung der in den letzten sechs Jahren erhöhten oder neu vereinbarten Mieten nach wissenschaftlichen Grundsätzen neu erstellt werden. Nach zwei Jahren ist der Mietspiegel fortzuschreiben. Dabei hat die Stadt zwei Möglichkeiten: Sie kann entweder eine staistische Stichprobe durchführen, um die reale Steigerung der Mieten in den letzten zwei Jahren zu ermitteln. Oder sie kann auf den Lebenshaltungskostenindex des statistischen Bundesamtes zurückgreifen.
In Dortmund wurde für die Fortschreibung eine Stichprobe durchgeführt. Ergebnis: Die Steigerung betrug 5,02 Prozent über zwei Jahre . Wesentlich deutlicher ist der Unterschied zur Mietenentwicklung in Bochum. Dort wird gerade eine Neuerhebung der Mieten ausgewertet. Wie der beteiligte Mieterverein Bochum jetzt noch einmal bestätigt hat, liegt die durchschnittliche Steigerung der letzten zwei Jahre dort bei 3,75 Prozent.
Laut Verwaltungsvorlage hat der „Arbeitskreis Mietspiegel“ dem Verwaltungsvorschlag einstimmig zugestimmt. Teilgenommen an der „Abstimmung“ hat aber nur die Vermieterseite. Für die einseitige Zustimmung durch die Vermieter gibt es keinerlei gesetzliche Grundlage, auch eine Zustimmung durch den „Arbeitskreis Mietspiegel“ ist nach dem Gesetz nicht erforderlich. Die Fortschreibung nach Index wurde von der Stadtverwaltung festgesetzt.