Am 16. und 17. Mai 2017 fanden die Jahreshauptversammlung von Deutschlands größtem und drittgrößtem Vermietungskonzern, der Vonovia SE und der LEG Immobilien AG statt. MieterAKTIONärIn, eine Aktions- und Diskussionsplattform kritischer Immobilienaktionärinnen und Immobilienaktionäre, hat sich mit Statements und Fragen an den Aktionärsversammlungen beteiligt.
Mit 333 Tsd. Wohnungen ist die Vonovia SE Deutschlands größter Vermietungskonzern und im DAX gelistet. Das Unternehmen gilt nicht nur aufgrund seiner schieren Größe als Marktführer, sondern führt immer wieder „Innovationen“ ein, die von anderen Unternehmen übernommen werden. Das ehemalige Landesunternehmen LEG Immobilien AG ist mit 128 Tsd. Wohnungen (fast alle in NRW) Deutschlands drittgrößter Vermieter. Beide Unternehmen haben in ihren Geschäftsberichten für 2016 neue Wachstumsrekorde ausgewiesen. Bei den Aktionärsversammlungen wurden unter anderem erhöhte Dividendenausschüttungen und Genehmigungen von Kapitalerhöhungen für weiteres Wachstum beschlossen.
„Wir werden dagegen stimmen. Die Dividendenausschüttung ist angesichts des schlechten Zustands vieler Wohnungen und der zu geringen Instandhaltungsaufwendungen nicht gerechtfertigt. Und weiteres Wachstum bedeutet, dass der Druck auf die Mieterinnen, dieses Wachstum mit überproportional steigenden Mieten zu finanzieren immer größer wird. Außerdem wächst das Risiko, dass die Spekulation auf immer höhere Bewertungsgewinne nicht aufgeht und das Geschäftsmodell scheitert“, sagt Knut Unger, ein Aktionärs- und Mietervertreter aus Witten.
Die MieterAKTIONärInnen kritisieren, dass die erhöhten Gewinne, soweit sie operativ sind, vor allem durch überdurchschnittlich angehobene Mieten erwirtschaftet wurden. Vor allem die Vonovia nutze die niedrigen Zinsen und staatlich subventionierte Kredite, um ihre Investitionen in die Modernisierungen stark zu steigern. Dafür werden Mieterhöhungen verlangt, die weit über den erzielten Energieeinsparungen liegen. Durch ihre Wohnungs-und Gebäudemodernisierungen erzielte die Vonovia nach eigenen Angaben in den letzten Jahren Nettoanfangsrenditen von deutlich mehr als 7%. Darin sind weder die Gewinne der ausführenden eigenen Firmen, noch eingesparte Instandhaltungskosten einbezogen.
„Unserer Ansicht nach sind diese Gewinne deutlich überzogen“, meint auch Markus Roeser aus Dortmund. „Nach Jahrzehnte langer Vernachlässigung der Bestände erscheinen die angesetzten Instandhaltungskosten häufig gering. Die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen ist, verglichen mit den geringen Energieeinsparungen, äußerst zweifelhaft. Auch werden Modernisierungen ohne Beteiligung der Mieter durchgeführt und sind daher nicht immer von Mietern gewünscht oder nachgefragt. Eine ansprechendere Außenansicht ließe sich auch ohne Modernisierung erreichen. Es erscheint so, als wenn die Modernisierungen nur als Mittel zur Mieterhöhung gesehen werden.“
Auch die LEG betreibt nach Beobachtung der MieterAKTIONärInnen vermehrt gewinnorientierte Modernisierungen. „An diversen Standorten verlangen die Börsenkonzerne außerdem immer wieder Anpassungen der Mieten, die über die „ortsübliche Vergleichsmiete“ hinausgehen“, erklärt Knut Unger. „Dass diese Erhöhungsversuche oft vor Gericht scheiterten, bekümmert sie nicht, solange die große Mehrheit der MieterInnen die Erhöhungen aus Unkenntnis oder Angst akzeptiert.“
Weitere von den MietererAKTIONärInnen kritisch beobachtete Maßnahmen zur Steigerung der operativen Ergebnisse seien außertarifliche Beschäftigungsverhältnisse, die „Beglückung“ der MieterInnen mit immer neuen kostenpflichten Dienstleitungen und Nebenkosten, sowie Einsparungen bei Instandhaltungen und Wohnungsverwaltung.
Diese Maßnahmen sind nach Auffassung der MieterAKTONärInnen Ausfluß eines Geschäftsmodells, das aggressive Erhöhung der Bewertung der Immobilien und Expansion durch Zukäufe setzt. Ein Großteil der Konzernergebnisse beruhe auf starken jährlichen Erhöhungen der Zeitwerte der Immobilien und nicht auf dem laufendem Geschäft. Die Zeitwertermittlung beruhe auf der Annahme ständig steigender Mieten und niedriger Zinsen in den nächsten zehn Jahren. „Das ist ein enges Geschäftsmodell. Bei einem leichten Ansteigen der Zinsen oder einer Begrenzung des Mietenanstiegs wird es zu Wertverlusten kommen, die sich negativ auf die Finanzierungskosten und die Kurse auswirken werden“, sagt Michael Boedecker aus Frankfurt .