„Energiesprong“ der Vonovia in Witten-Heven: Problemviertel statt Klimaschutz-Glanzstück

In der Öffentlichkeit preist die Vonovia das Modernisierungsprojekt „Energiesprong“ in Witten-Heven als ein Musterbeispiel für klimagerechtes Handeln. In Wirklichkeit handelt es sich um eine katastrophale Dauerbaustelle, mit der das Wohnviertel immer mehr herungewirtschaft wird.

Am 28.5.2025 findet die diesjährige virtuelle Hauptversammlung der Vonovia SE statt. Dort soll die Ausschüttung einer Dividende von über 1 Milliarde Euro beschlossen werden. Das belastet die Einnahmen aus den systematisch angetriebenen Mieten mit fast 30 %. Gleichzeitig versucht sich die Vonovia immer wieder als besonders sozial und ökologisch darzustellen. Zum Beispiel mit dem „Energiesprong“-Projekt in Witten Heven, vor dessen glänzender Fassade sich der scheidende Vonovia-CEO Rolf Buch mehrfach ablichten ließ.

Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Konzept klingt zukunftsweisend und vielversprechend: Durch die Montage vorgefertigter Wärmeschutzbauteile, Photovoltaik-Paneele und Wärmepumpen sollen die vernachlässigten Ge-schoßbaute aus den 70 Jahren in Windeseile auf einen klimaneutralen Standard gebracht werden. Tatsächlich aber hat die Vonovia durch Fehlplanung, mangelnde Koordination und Kostendruck die interessante Idee in den Sand gesetzt.

Im Winter 2022/2023 war eine Bauzeit von 24 Wochen angekündigt. Inzwischen ist oft schon das dritte Jahr erreicht und die Maßnahmen sind immer noch nicht abgeschlossen. Anfangs ging die Montage der Fertigbauteile durch österreichi-sche Experten noch flott und kompetent von statten. Aber dann wechselt die Vonovia den Auftragnehmer, was in einzelnen Bauabschnitten zu sehr langen Verzögerungen führte. Vor allem der Innenausbau verzögert sich aufgrund von häufigen Wechseln der teilweise inkompetenten Ausführenden immer wieder. Bis heute sind manche MieterInnen ohne Fensterbänke, die zugebauten Balkone dürfen wegen Absturzgefahren nicht betreten werden. Aufgrund der Bauarbeiten kam es zu hartnäckigen Dachschäden. In manchen Wohnungen standen die Bautrockner monatelang.

Aber es geht nicht nur um Folgen der Bauarbeiten. Hinter den glänzenden Glasfassaden befindet sich eine zum Teil marode Bausubstanz. Die Leitungen sind veraltet. Immer wieder kommt es zu Wasserrohrbrüchen. Immer wieder fallen auch die Aufzüge, die Heizungen und das Warmwasser aus.

Für die betroffenen MieterInnen sind seit Baubeginn tausende Euro an Mietminderungen und Schadensersatzansprüchen aufgelaufen. Aber die Vonovia will sie mit wenigen hundert Euro abspeisen. Wer die Miete darüber hinaus mindert, wird mit Zahlungserinnerungen bedroht.

Die lange Bauzeit verschärfte auch die Parkplatzprobleme. Die Vonovia ließ Falschparker über Nacht für hohe Gebühren abschleppen. AnwohnerInnen beklagen die vielen parkenden Kleintransporter. Es kommt zu Nachbarschaftskonflikten.

Äußerlich macht das Viertel einen immer verwahrlosteren Eindruck. Wenn die Vonovia nicht gerade wegen angekündigter Besuche aufräumen ließ, gleicht das von vielen Kindern belebte Wohnumfeld einer Mondlandschaft. Es gibt zahlreiche seit Monaten bestheende Sicherheitsmängel, zum Beisiel nicht fertidgestellte Elektroinstallationen.  Baustoffe, z.B. krebserregende Mineralwolle, liegen ungeordnet herum und motivieren manche Leute, ihren Müll dazuzustellen.

Die verwahrloste Situation hat die schon seit längerem bestehende Müllproblematik verschärft. Obwohl sich einzelne Miete mit großem Einsatz für ein sauberes Umfeld einsetzen, wird die illegale Müllentsorgung immer massiver. Das hat sich herumgesprochen. Auch Ortsfremde entsorgen hier Müll und Sperrmüll. Ratten sind selbst am helllichten Tag zu beobachten.

Alte BewohnerInnen schämen sich, in diesen Wohnumfeld leben zu müssen. Wer kann, zieht weg. Er ermöglicht der Vonovia damit, überhöhte Neuvertragsmieten von Menschen zu verlangen, die anderswo nicht fündig werden. Vor kurzem hat die Vonovia mehrere nicht fertiggestellte Wohnungen an einen gewerblichen Zwischenvermieter vermietet, der sie für viel Geld an in Indien angeworbene PflegeschülerInnen untervermietet.

Laut der Ankündigung der Maßnahme wurde für einen Bauabschnitt mit 24 Wohnungen mit Kosten von 8 Millionen Wohnungen gerechnet. Würden diese Kosten, wie sonst üblich, zu 8 % im Jahr auf die Mieter umgelegt, käme es zu einer monatlichen Mietsteigerung von 7,63 €/m², – das Doppelte von dem, was alte Mieter hier zahlen. Nun sind Mieterhöhungen nach Modernisierungen aber gesetzlich auf 2 oder 3 €/m² gedeckelt. Dabei muss die Vonovia allerdings auch mit dauerhaften Mietminderungen rechnen. Denn die Wohnungen sind durch die Einhau-sung stark verdunkelt und es existieren keine Balkone mehr. Der MieterInnenverein Witten rechnet mit einer dauerhaften Mietminderung von mindestens 10 %.

Um die durch die Verzögerungen gewiss gestiegenen Kosten zu decken, muss die Vonovia sehr hohe öffentliche Subventionen erhalten oder hohe Verluste hinnehmen.

Mit einer besseren Planung, Mietermitbestimmung und einem ordnungsgemäßen Baustellenmanagement hätten viele dieser Kosten vermieden werden können.

Dies ist sicherlich kein gutes Beispiel für eine sozial gerechte Wärmewende! Ist die Vonovia überhaupt in der Lage, so komplexe Maßnahmen durchzuführen? Sollte die öffentliche Hand derartige Maßnahmen nicht besser kontrollieren oder sich andere Partner als ausgerechnet die extrem renditeorientierte und ver-schuldete Vonovia suchen?

Der MieterInnenverein Witten erwartet, dass die Stadtverwaltung umgehend tä-tig wird, um weitere Verschlechterungen der Situation zu verhindern:

  • konzertiertes Vorgehen der Stadtverwaltung, um die Vonovia zur schnel-len Fertigstellung der Maßnahmen und zur Behebung der Mängel zu veran-lassen,
  • schnelle Einrichtung eines sozialen Quartiersmanagements durch die Stadt Witten,
  • Überprüfung der Mieten nach dem Wirtschaftsstrafgesetz,
  • Erarbeitung eines tragfähigen Müll- und Parkraumkonzeptes.