Bundestagswahl: Mietenpolitische Wahlprüfsteine des MieterInnenvereins Witten

Um die Dauerkrise des bezahlbaren Wohnens zu beenden und allen Menschen ein gutes, sicheres, bezahlbares und klimarechtes Wohnen zu ermöglichen, sind grundsätzliche Reformen des Mietrechts und der Wohnungswirtschaft erforderlich. Von den im Bundestag vertretenen Parteien vertritt nur DIE LINKE dazu weitreichende Positionen. An der Konkretisierung der linken Reformvorstellungen müsste aber noch gearbeitet werden. Nach der Wahl wird es leider wohl eher darum gehen, ob in einer Koalition der SPD oder der Grünen mit der CDU/CSU wenigstens punktuelle Verbesserungen durchgesetzt werden können. Die Programme der SPD und der Grünen enthalten dafür Ansatzpunkte. Eindeutig gegen die Mieterinteressen steht die wirtschaftsliberale FDP. Auch aus Mietersicht völlig unwählbar ist die rassistische AfD mit ihrer marktradikalen und mieterfeindlichen Eigenheimideologie.

WITTEN BRAUCHT DEN MIETENDECKEL

GRUNDSÄTZLICH fordern wir die politische Festsetzung von gerechten Mieterobergrenzen (Mietendeckel) in allen Städten, gerade auch im Ruhrgebiet! Indexmieten und Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierung (§ 559 BGB) sollen abgeschafft werden.

DIE LINKE und das BSW sprechen sich  für einen Mietendeckel aus. Ob auch Witten nach den Konzepten darunter fallen würde, müsste noch geklärt werden. Caren Lay, wohnungspoliticshe Sprecherin der Linken im Bunedstag hat bei einem Besuch in Witten Verständnis für unsere Position geäußert. Wenn bestimmte Gebiete von strikteren Regulationen ausgenommen würden, habe das zur Folge, dass das spekulative Kapital sich auf diese Regionen konzentriere.

ÜBERGANGSWEISE muss die Mietpreisbremse (Begrenzung auf 10% des Mietspiegels bei Wiedervermietung) verlängert und möglich auf alle Städte, darunter auch Witten, ausgeweitet werden.

Eine Verlängerung der Mietpreisbremse fordern SPD und Grüne. Ob die Bremse nach deren Meinung auf alle Städte ausgeweitet werden soll, ist unklar. Axel Echeverria (MdB SPD Witten) meint: ja. Im Falle seiner Wiederwahl ist er bereit, sich für die bundeseite Geltung einzusetzen. Mit der Linken und der SPD haben wir also ein Arbeitsprgramm. Nicht reden müssen wir mit FDP und AfD. Diese Parteien wollen die Mietpreisbremse ganz abschaffen.

Mietüberhöhungen (§ 5 WiStG: mehr als 20 % über Mietspiegel) sollten aus unserer Sicht überall verboten sein und von der Stadt als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Dazu sind am geltenden Gesetz zweu Reformen erforderlich: Erstens muss eine Überschreitung der 20%-Grenze auf jeden Fall ordnungswidrig sein, unabhängig von einer lokalen Mangellage. Zweitens muss klar definiert werden, dass die Refinanzierung spekulativer Aufwertungen der Immobilien nicht zu Ausnahmen führen darf.

Linke, SPD, Grüne und Teile der Union sind für eine Stärkung von § 5 WiStG im Falle von Wohnraummangel. Trotz Bundesrats-Initiative wurde das Gesetz aber nicht beschlossen. Für Witten wäre wahrscheinich die von  uns gefordetre weitergehende Reform erforderlich.

Eine weiterw Übergangsforderung: Mietspiegel-Erhebungen sollen möglichst viele Mieten einbeziehen. Der Mietspiegel soll nicht nach Inflationsrate fortgeschrieben werden. Die Kappungsgrenze (max. Erhöhung in 3 Jahren) soll bundesweit von 20% auf 7 % abgesenkt werden.

Die Linke will alle Mieten in die Erhebungen einbeziehen. DIe SPD nur die  letzten 10 Jahre. Die Grünen verlangen eine unbestimmte Ausweitung.

KLARE REGELN FÜR FINANZANLAGEN-VERMIETER

Unsere folgenden konkreten Forderungen tauchen bei keiner Partei im Wahlprogramm auf. Wir halten es aber für wahrscheinlich, dass bei der Linken, den Grünen, der SPD und ansatzweise auch der CDU Geprächsbereitshaft besteht.

Scheinbelege unterbinden: Eigenbelege eines Wohnungskonzerns durch eigens dafür gegründete Tochterunternehmen dürfen nicht zulässig sein.

Mindestanforderungen an die Vermietung gesetzlich festsetzen: Erreichbarkeit, Transparenz, Wiedervermietung leergefallener Wohnungen, rechtzeitige Reparatur.

Erneuerungsrücklage: Ein ausreichender Teil der Mieteinnahmen muss in mietermitbestimmte Instandhaltungs- und Bauerneuerungsrücklagen fließen.

Elektronische Wohnungs- und Vermieterregister: Eigentümerstrukturen, Ansprechpartner*innen, Instandhaltungen, Mieten und Leerstände offenlegen.

VERGESELLSCHAFTUNG IST DIE HALBE MIETE

Neue Wohnungsgemeinwirtschaft: Wohnungen großer renditeorientierter Eigentümer nach Artikel 15 GG in Gemeineigentum überführen. Dafür aus dem Bundeshaushalt ein Sondervermögen bereitstellen. Wohnraumförderung und Steuervergünstigungen auf den gemeinwirtschaftlichen und gemeinnützigen Bereich des Wohnungswesens konzentrieren. Wer sein Eigentum dauerhaft gemeinnützig bindet, soll von der Enteignung ausgenommen werden und mit seinen mitbestimmten Unternehmen auch weiterhin eine begrenzte Rendite erwirtschaften dürfen.

DIE LINKE spricht sich für Vergesellschaftung bei Wohnungsbeständen über 3000 Wohungen aus. Sie hat für das Bundesgebiet  aber bislang keine entwickelte politische Strategie, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Die Forderung der NRW-SPD nach einem landeseignen Wohnungsunternehmen könnte ein Diskussionseinstieg mit dieser Partei sein. Axel Echeverria (SPD Wtten) verfolgt die Idee, die Rentenversicherung mit Direkt-Investitionen in Wohnungen abzuichern.

Preislimitiertes Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand für alle Immobilienverkäufe.  Der Preis muss sich an einem sozialen Ertragswert orientieren, das heißt an einer von der Bevölkerung dauerhaft leistbaren Miete.

Entspricht Forderungen der Linken. Bei SPD und Grünen gibt es Sympathien.

WOHNEN MUSS SICHER SEIN

Unsere Forderung: Eigenbedarf bei Mietwohnungen größerer Eigentümer als Kündigungsgrund ausschließen. Die Möglichkeit der Umwandkung von Miet- in Eigentumswohnungen abschaffen oder stark beschränken. Beschränkung des Eigenbedarfs auf Verwandte ersten Grades oder bei Plegebedarf. Übergangsforderungen: Nach Umwandlung in Eigentumswohnungen sollte eine bundesweite Kündigungssperrfrist von 10 Jahren gelten. Soziale Erhaltungssatzungen erleichtern.

Generell zum Kündigungsschutz: Klare Kriterien zur Beurteilung von Härteeinwänden. Räumungsschutz, wenn Ersatzwohnraum fehlt.

Die Linke will Eigenbedarfskündigungen auf Verwandte ersten Grades beschränken und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen generell verbieten.

 

KOLLEKTIVES MIETRECHT UND MIETERMITBESTIMMUNG

Kollektive Rechte organisierter MieterInnen (Prüfung, Widerspruch, Zurückbehaltung, Minderung).  Mitbestimmung der MieterInnen bei baulichen Veränderungen (Modernisierung) und bei Entscheidungen, die zu höheren Kosten führen. Beteiligung an Baugenehmigungsverfahren.

Wenn man PolitikerInnen auf dieses Thema anspricht, finden sie es oft interessant. Aber in keinem Wahlprogramm  sind kollektive Mieterrechte  ausdrücklich ein Thema. Das liegt auch daran, dass es zu kollektiven Rechten keinerlei Ausarbeitungen der Mieterbewegung gibt. 

Auch Forderungen nach Mietermitbestimmung finden sich in den aktullen Wahlprogrammen kaum. Nach dem Wahlprogramm der Linken sollen Immobilienunternehmen mit mehr als zehn Wohnungen verpflichtet werden, „Mieterbeiräte“ einzurichten. Welche Rechte oder Aufgaben diese „Beiräte“ haben sollen, ist uns nicht bekannt. Bislang ausgearbeitete Konzepte zur Mietermitbestimmung beziehen sich meist auf gemeinnützigen oder vergesellschaftete Unternehmen, wo die Interessenlage ganz anders als bei Rendite-Konzernen ist.  

 

SOZIAL GERECHTE WÄRMEWENDE UND NACHHALTIGER QUARTIERSUMBAU

Energie- u. Wärmepreise öffentlich kontrollieren und transparent machen.

Wird generell auch von DIE LINKE gefordert, zum Teil von GRÜNEN und SPD.

Die folgenden Punkte hat keine Partei ausdrücklich im Programm stehen:

Wärmenetze sollen von öffentlichen oder genossenschaftlichen Eigentümern betrieben werden.

Mietermitbestimmung bei Wärmeplanung und Contracting.

Partizipativer, klima- und sozialgerechter Quartiersumbau: Öffentliche Anforderungen und Förderung. Nutzung und Anpassung des Baugesetzbuches.

NEUBAU UND WOHNRAUMFÖRDERUNG

Wäre ein extra Papier. Unsere Kernthese: Für die sozial- und umweltgerechte Wohnraumversorgung in Witten haben die gerechte Verteilung, die nachhaltige Erneuerung und Bewirtschaftung des Gebäudebestandes Vorrang. Sozialer und preisbegrenzter Neubau müssen diesen Umbauprozess auf geiegneten Grundstücken bedarfsgerecht ergänzen. Noch mehr Eigenheime auf der grünen Wiese können wir uns nicht leisten. Voraussetzung bedarfsgerechten Neubaus sind gedeckelte Mieten.

Zu starre Regeln überprüfen wollen mehr oder weniger alle Parteien. FDP und  CDU sehen die Ursache der unzureichenden Wohnungsangebote sher weitegehnd oder ausschließlich im geringen Neubau. Sie wollen den Neubau mehr oder weniger radikal entbürokratisieren, Standards senken und steuerlich  fördern.