Vermietungskonzern Vonovia will Mieten auf unbezahlbares Niveau anheben

  • In Vonovia-Wohnungen in Witten-Heven drohen nach Modernisierungen fast 60 % Mieterhöhung
  • Lokaler Mieterrat will mit Vonovia über Absenkung verhandeln
  • MieterInnenverein beobachtet umfassende Welle von Mieterhöhungen bei Vonovia & LEG

Der börsennotierte Vermietungskonzern Vonovia plant in Witten-Heven Modernisierungsmaßnahmen, die nach bisherigen Mietteilungen zu einer Mietanhebung von bis über 195 € pro Mietpartei führen werden. Der MieterInnenverein befürchtet Steigerungen der Grundmieten um bis zu 60 Prozent. Nur ein Bruchteil dieser Steigerung wird durch geringere Heizkosten eingespart werden können.

Von den gegenwärtigen Modernisierungsplanungen betroffen  sind die MieterInnen der ehemaligen Werkswohnungen von Thysssen-Edelstahl an der Raiffeisenstraße 1 bis 4 und der Schulze-Delitzsch-Straße 5 bis 15. Unter den MieterInnen sind viele ArbeiterInnen, RentnerInnen und Erwerbslose mit begrenzten oder niedrigen Einkommen.

Es liegen nur zum Teil bereits schriftliche Modernisierungsankündigungen vor. In der  Raiffeisenstraße 1 wurde im Juni die Erneuerung des Heizkessels angekündigt und vor kurzem durchgeführt. Hierfür ist eine voraussichtliche  Mieterhöhung   von 45,58 € / Monat angekündigt. Inzwischen erhielten die Mieter ein zweites Schreiben, mit dem unter anderem Dämmungen der Fassade, neue Fenster, Dach- und Hausflursanierungen angekündigt werden. Nach Abschluss der Arbeiten im nächsten Jahr soll die Miete aufgrund dieser Maßnahmen zusätzlich um 149,53 € im Monat steigen. Bislang beträgt die Grundmiete eines der betroffenen Ehepaare 330,62 €. Die gesamt Mieterhöhung beträgt 195,11 €, also 59 Prozent.

Die Vonovia rechnet den MieterInnen vor, dass sie aufgrund der energetischen Modernisierungen 36,30 € im Monat an Energiekosten sparen könnten. Das ist aber ein unrealistischer Wert, denn das betroffene Ehepaar zahlt schon jetzt nur 48 € im Monat für die Heizkosten. Realistisch ist wohl nur eine Heizkostensenkung um etwa 10 Euro im Monat. Durch die Modernisierung steigt somit die Bruttowarmmiete von jetzt 520 Euro auf dann 704 Euro.  Ein Betrag, der viele der jetzigen MieterInnen überfordern wird.

Die betroffenen Mieterinnen und Mieter sind in großer Sorge, wie sie diese Kosten aufbringen sollen. Unter ihnen befinden sich Rentnerinnen, die seit Erstbezug 1962 in ihrer Wohnung leben. Die Wohnkosten würden ihr Einkommen mit über 60 % belasten. Die Bruttokaltmieten werden nach der Erhöhung bei Zweipersonenhaushalten in vielen Fällen über 200 Euro über der Angemessenheitsgrenzen nach SGB II und SGB XII liegen. Auch 3-Personehaushalte mit Sozialleistungen werden sich die Wohnungen nicht mehr leisten können.

In vielen Jahren gewachsene Sozialstrukturen drohen zu zerbrechen. Manche MieterInnen haben hier Angehörige zu versorgen. Andere sind vor kurzem mit dem Ziel eingezogen, eine Familie zu mit Kindern zu planen. Jetzt wissen sie nicht mehr, ob sie sich das in Zukunft in diesen Wohnungen leisten können.

Aber auch für MieterInnen mit regelmäßigen Einkommen stellt die beabsichtigte Mieterhöhung eine starke Belastung dar. Eine mäßige Mieterhöhung von vielleicht 80 Euro im Monat wäre für sie akzeptabel, aber nicht eine Anhebung in dieser Höhe. Zu Unmut führt auch, dass die Mieter mit den Modernisierungen längst fällige Instandhaltungen bezahlen sollen.

Die 1962 bezugsfertig gewordenen ehemaligen Werkswohnungen des Edelstahlwerks weisen inzwischen zahlreiche Mängel und einen altersbedingten Verschleiß auf. Die Hauseingänge und Dächer sind schon lange reparaturbedürftig. Auch die 1982 eingebauten Doppelscheiben-Fenster sind oft schadhaft und beschlagen von innen. In etlichen Wohnungen ist es an geometrischen Wärmebrücken zu Schimmelschäden gekommen, die durch Wärmedämmung vermieden werden können. Die Fassaden sind ohnehin erneuerungsbedürftig.

Nach geltendem Recht darf ein Vermieter nach einer Modernisierung 11 % der Kosten auf die jährliche Miete aufschlagen. Bei diesen Kosten darf der Instandhaltungsaufwand nicht berücksichtigt werden. Aufgrund der sehr niedrigen Zinsen und der geltenden gesetzlichen Bestimmungenkönnen einer Modernisierung sehr hohe Renditen erzielt werden. Der Vonovia-Vorstand erwartet durchschnittlich mindestens 7 % Rendite nach seinen Modernisierungen.

Der Mieterverein wirft den Konzernen (neben der Vonovia vor allem auch der LEG) vor, ihre Marktmacht zu missbrauchen, um für ihre Anleger auf Kosten der Mieter die Rendite auf ein hohes Niveau zu heben. Während Vonovia und LEG in Witten nach Modernisierungen in Witten zur Zeit etwa 7,30 €/m² bis über 8 €/m² verlangt, kommt die Genossenschaft Witten Mitte eG nach umfangreicheren Maßnahmen mit etwas mehr als 5,60€/m² aus. Und auch sie schüttet an ihre Mitglieder Dividenden aus. Leider können die Genossenschaften und die kommunalen Siedlungsgesellschaft nicht genug preisgünstige Wohnungen anbieten, um für die bisherigen Konzern-Mieter eine Alternative zu bieten. Außerdem hängen die Menschen natürlich an ihren Wohnungen und ihrem Umfeld.

Der MieterInnenverein befürchtet durch die Modernisierungsoffensive von Vonovia und LEG den Verlust eines erheblichen Teils der noch bezahlbaren Mietwohnungen in Witten. Die beiden Konzerne zusammen besitzen in Witten mehr als 2500 Wohnungen. Die Mieterhöhungen werden zu erheblichen höheren Sozialkosten für die öffentlichen Haushalte führen. Auch deshalb fordert der MieterInnenverein, dass Stadt und Kreis Bemühungen um eine sozialverträglich Gestaltung der Modernisierungen aktiv unterstützen.

In dem Wohngebiet in Heven hat sich ein Mieterrat der betroffenen MieterInnen gebildet, die vom MieterInnenverein Witten unterstützt wird. Wir haben die Vonovia aufgefordert, mit der Mieterschaft über Lösungen zu verhandeln, die zu Absenkungen der Mieterhöhungen auf ein sozialverträgliches Niveau führen.