Seit Februar überzieht LEG Immobilien AG ihre Mieterinnen und Mieter in Witten mit Mieterhöhungsverlangen, die der MieterInnenverein Witten zum Teil für völlig überhöht hält. Da der städtische Mietspiegel bereits spätestens Anfang 2015 seine Verbindlichkeit („Qualifizierung“) verloren hat, kann sich die LEG dabei auf jeweils drei Vergleichswohnungen berufen, die sie aus den teuersten Wohnungen des eigenen Bestandes auswählt. Die LEG hat gegen einige Mieter, die das nicht akzeptieren wollen, Klage erhoben. In einem Schreiben an die Bürgermeisterin und den Stadtrat hat der MieterInnenverein die Stadt Witten noch einmal aufgefordert, einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen und die dazu notwendigen Haushaltsmittel bereit zu stellen.
Witten, 9.8.2018
Neuer qualifizierter Mietspiegel dringend erforderlich!
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren!
wie Sie sicherlich der Presse und Anfragen von BürgerInnen entnommen haben, überzieht die LEG Immobilien AG ihre Mieterinnen und Mieter in Witten seit dem letzten Frühjahr mit Mieterhöhungsverlangen, die der MieterInnenverein Witten zum Teil für völlig überhöht hält. Da der städtische Mietspiegel bereits spätestens Anfang 2015 seine Verbindlichkeit („Qualifizierung“) verloren hat, kann sich die LEG dabei auf jeweils drei Vergleichswohnungen berufen, die sie aus den teuersten Wohnungen des eigenen Bestandes auswählt.
Der MieterInnenverein Witten fordert seit langem, dass die Stadt Witten einen qualifizierten Mietspiegel erstellt, um u.a. solche Methoden zu verhindern. Doch die Stadt weigert sich unter Verweis auf die Erhebungskosten. Auch Versprechungen des Wohnungsministers NRW, sich um eine Lösung zu kümmern, haben bislang, soweit uns bekannt, zu keinen Ergebnissen geführt. Damit müssen wir mit einer Mietenentwicklung rechnen, die vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen und in der Folge für die kommunalen Haushalte sehr nachteilig ist.
Auch wenn immer mehr MieterInnen die häufigen Mieterhöhungen der LEG leid sind, stimmen die meisten aus Furcht vor Gerichtskosten und Gerichtsverfahren zu. Dadurch schafft sich die LEG im eigenen Wohnungsbestand die Grundlage für die nächste Runde der Mieterhöhungen. Da die LEG nach dem Aufkauf u.a. der Immeo-Wohnungen der größte renditeorientierte Vermieter in Witten ist, hat diese Politik erheblichen Einfluss auf das Mietenniveau der Stadt. Bei der LEG wohnen besonders viele Menschen mit niedrigen Einkommen und Sozialbezügen. Die Mieterhöhungen belasten über die Grundsicherung auch die kommunalen Haushalte. Zudem haben auch andere finanzmarkgetriebene Vermieter begonnen, ähnliche Methoden anzuwenden. Dagegen haben kleine lokale Vermieter nicht genügend Wohnungen, um sich im eigenen Bestand Mieterhöhungsbegründungen zu schaffen. Und sie schrecken oft ebenso vor dem Prozesskostenrisiko zurück wie die Mieter.
Trotz aller Unwägbarkeiten hat eine ganze Reihe von Mitgliedern des MieterInnenvereins den Mieterhöhungen der LEG zum 1.5.2016, 1.6.2016 und 1.8.2016 nicht zugestimmt oder den Mieterhöhungen ausdrücklich widersprochen. Gegen vier Mitglieder des MieterInnenvereins aus Herbede und Vormholz hat die LEG bislang Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung zum 1.5.2016 erhoben. Die MieterInnen werden sich mit Unterstützung ihrer Anwältin vor Gericht gegen die Erhöhungen wehren. Wir werden alles Mögliche tun, diese Mietpreistreiberei zu begrenzen. Die MieterInnen erwarten, dass die Stadt und die KommunalpolitikerInnen dem nicht gleichgültig zusehen.
Ohne qualifizierten Mietspiegel sind die Aussichten jedoch unsicher. Durch Sachverständigengutachten steigen die Prozesskostenrisiken, so dass sich im Zweifel nur rechtschutzversicherte Mieter leisten können, verklagt zu werden.
Wir hoffen, dass vor Gericht oder in Sachverständigengutachten die Daten des letzten Mietspiegels noch vorläufig genutzt werden können, um überzogene Mieterhöhungen abzuwehren. Denn bessere Daten sind in Witten z.Zt. nicht verfügbar. Auch bei einem guten Verlauf führt aber kein Weg an einem neuen qualifizierten Mietspiegel vorbei.
Zuständig für die Erstellung von Mietspiegeln sind grundsätzlich die Kommunen, nicht das Land. Die Landesregierung kann allenfalls beratend zur Seite stehen und die Stadt ggf. vielleicht dabei unterstützen, dass Ausgaben für den Mietspiegel trotz Haushaltssicherung und Stärkungspakt genehmigungsfähig werden. Vorstellbar ist vielleicht auch, dass das Land die Belastung durch die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels bei der Wohnraum- und Quartiersförderung für Witten berücksichtigt. Eine gute Übersicht über die Mietenentwicklung wäre ein wichtiger Bestandteil für ein kommunales Wohnraumversorgungskonzept, das förderfähig sein könnte und eine Grundlage für zusätzliche Förderzusagen im sozialen Wohnungsbau wäre.
Auch der Kreis ist als Träger des Jobcenters auf verlässliche Daten zu den üblicherweise verlangten Mieten angewiesen. Die gegenwärtigen Richtwerte für die Angemessenheit der Unterkunftsosten werden den Verhältnissen auf dem Wittener Wohnungsmarkt nicht mehr gerecht. Die Mieterhöhungen führen dazu, dass die Richtwerte überschritten werden. Preisgünstiger Ersatzwohnraum wird immer seltener.
Bei Vergabe der Untersuchung an ein externes Unternehmen rechnen wir mit Kosten von mindestens 50.000 €. Bei wesentlich niedrigeren Kosten können erfahrungsgemäß nicht genügend Daten erfasst werden, was dazu führt, dass die Erhebung nicht repräsentativ ist. Dieses Problem entstand bei der stark unterfinanzierten letzten Erhebung im Jahre 2010. Da die Stadt Witten nicht einmal mehr die Postversandkosten für die Fragebögen tragen wollte, war eine repräsentative Erhebung unter den Wittener Kleinvermietern nicht möglich. Dies veranlasste Fehler in der Auswertung, die letztlich dazu führten, dass dem Mietspiegel bei Gericht seine Qualifizierung schon vor Auslaufen im Jahre 2014 abgesprochen wurde.
Wir fordern Sie auf, dafür Sorge zu tragen, dass so schnell wie möglich die Voraussetzungen für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels geschaffen werden. Dazu ist aus unserer Sicht die Berücksichtigung der voraussichtlichen Kosten im Haushaltsplan erforderlich. Die vielleicht aus dem Kreis der Verbände und Wittener Wohnungsunternehmen einzuwerbenden Mittel reichen für eine repräsentative Untersuchung bei weitem nicht aus. Die Stadtverwaltung selbst verfügt unseres Wissens leider nicht über das erforderliche Personal.
Mit der Erörterung der Möglichkeiten einer kostengünstigen Mietspiegelerstel-lung und möglicher Synergien mit anderen Aufgaben kann aber sofort begonnen werden. Für Nachfragen und Gespräche stehen wir gerne zur Verfügung.
mit freundlichen Grüßen
Knut Unger (Sprecher)
MieterInnenverein Witten