Starke Mieterhöhungen nach Modernisierungen durch Vonovia und LEG

Wittener MieterInnen zahlen für Gewinne der Immobilien AGs
In dieser Woche haben die beiden Vermietungskonzerne Vonovia SE und LEG Immobilien AG ihre Geschäftsbericht für das Jahr 2016 vorgelegt. Beide Konzerne verzeichnen Rekord-Gewinne, Rekord-Investitionen, Re-kord-Dividenden und Rekord-Mietsteigerungen. Die Wittener MieterInnen bekommen das besonders deutlich zu spüren. Die LEG hört nicht auf, Mieterhöhungen zu verlangen, die weit über der ortüblichen Vergleichsmiete liegen. Hinzu kommen bei Vonovia und LEG nun besonders heftige Mieterhöhungen, die durch Modernisierungen ausgelöst werden.
Die im DAX notierte Vonovia SE, mit 333 Tsd. eigenen Wohnungen und einer Bilanzsumme von 32,5 Mrd. € der größte private Vermieter Europas, erzielte 2016 ein Geschäftsergebnis von 2,5 Mrd. €. Es beruht im Wesentlichen auf Wertberichtigungen in Höhe von 3,2 Mrd. €, in die auch Mietererwartungen einfließen. Die Erlöse aus der Vermietung stiegen 2016 um 145 Mio. €. Die Mieten wurden im Jahr 2016 im Durchschnitt um 3,3 % angehoben, was deutlich über dem Bundesdurchschnitt der Mieterhöhungen im Bestand liegt.

Vonovia: Modernisierungen als Mieterhöhungstreiber

Modernisierungen sind etwa für die Hälfte der Mieterhöhungen bei der Vonovia verantwortlich. Der Konzern nutzt seit einigen Jahren die günstigen Zinskonditionen der KfW, um den veralteten Wohnungsbestand zu erneuern. Da 11 % der Modernisierungsosten pro Jahr auf die Mieter umgelegt werden können, führt das zu hohen Renditen, deren Kehrseite hohe Mietsteigerungen sind.

In Witten verfügt die Vonovia noch über knapp 1000 Wohnungen, die erst zum Teil modernisiert sind. Es gab in letzter Zeit eine Welle der Standarderneuerung von Heizkesseln, die eigentlich noch intakt waren. Die Heizkostenersparnis (in einem Fall z.B. 16,10 € im Monat) steht in keinem Verhältnis zur Mieterhöhung (im gleichen Fall 71 Euro).

50 % mehr Miete nach Modernisierungen in der Westfeldstraße

Mit der Modernisierung in der Westfeldstraße 69 in Witten-Annen, die zu Mieterhöhungen von bis über 200 Euro im Monat führt, stößt die Vonovia für Witten in eine neue Dimension vor. Geplant ist leidiglich eine Standarddämmung der Außenwände und der Anbau von Balkonen. Der Mieterhöhung stehen erwartete Heizkosteneinsparung von nur 32 € gegenüber. Die Grundmieten drohen um bis zu 50 % zu steigen. Die Mieten sollen von 5,10 €/qm auf über 7,30 €/qm angehoben werden. Sie werden damit weit von den Kosten entfernt sein, die vom Jobcenter oder dem Sozialamt übernommen werden.

Der MieterInnenverein wirft der Vonovia vor, dass die es sich bei Ihren Modernisierungen in der Westfeldstraße zu einem wesentlichen Teil um Instandsetzungen handelt, die rechtlich nicht zu einer Mieterhöhung führen dürfen. Zum Beispiel sind die alten Zweischeiben-Verbundfenster zumindest in einer Wohnung völlig defekt. Bei einem erst im letzten Jahr eingezogenen jungen Ehepaar läuft zwischen den beiden Scheiben das Kondenswasser herunter. Es kommt immer wieder zu Schimmelschäden, vor allem an den konstruktiven Schwachstellen des 1939 errichteten Hauses. Außerdem ist der Anbau eines Balkons an der Nordseite des Hauses überflüssig. Die Mieter haben direkt am Haus Gärten.

„Für 7,30 €/qm erwartet man in Witten gehobenes Wohnen und nicht eine standardmäßig sanierte Stahlarbeiterwohnung“, sagt der MieterInnenverein. Er hat die Vonovia aufgefordert, die Miete auf einen Wert im Bereich der ortsüblichen Vergleichsmiete von etwa 5,70 € zu reduzieren.

Mietpreistreiber LEG zieht weitere Register

Bei der LEG Immobilien AG – mit knapp 130 Tsd. Wohnungen der größte börsennotierte Vermieter in NRW – erhöhte sich der Gewinn 2016 um 308 Mio. € auf 565 Mio. €. Die Dividende soll um 22 % steigen. Das Ergebnis aus der Vermietung stieg um 23 Mio. €. Dazu haben vor allem Mieterhöhungen beigetragen. Bei freifanzierten Wohnungen legten die Mieten um 3,4 % zu.

In Witten, wo die LEG mit gut 1500 Wohnungen der größte private Vermieter ist, war bislang die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete der Hauptgrund für die stark überdurchschnittliche Mietsteigerungen. Die LEG hält sich bei der Ermittlung der Vergleichsmiete nicht an den Mittelwert der Mietspiegelspanne, sondern geht deutlich darüber hinaus. Seit dem letzten Jahr setzt sie auf drei teure Vergleichswohnungen, die sie willkürlich aus dem eigenen Bestand auswählt. Interner Maßstab der LEG scheint nicht die Vergleichsmiete zu sein, sondern Spitzenwerte, die sie bei der Neuvermietung erzielen kann.

In der Schückingstraße in Witten-Annen griff die nun LEG zusätzlich (!) zu dem Mieterhöhungsinstrument der Modernisierung. Kurz nach einer Mieterhöhung zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete sollen hier pro Wohnung ca. 90 Euro mehr Miete für eine energetische Modernisierung gezahlt werden.

LEG: Modernisierungen statt Instndsetzung in der Schückingstraße

Ohne Zweifel waren die Häuser in Annen sanierungsbedürftig. Seit Jahrzehnten wurde nichts an der Fassade gemacht. In der Schückingstraße 14 und 16 gibt es stark durchnässte Keller, die seit langem zu Schäden in den darüber liegenden Wohnungen führen. Aber anstatt zunächst diese nassen Keller zu sanieren und eine kosteneffiziente Wärmedämmung der Kellerdecke vorzunehmen, griff die LEG zur Standard-Wärmedämmung, die an der Nässe aus dem Keller nichts ändert, aber heftig in die Kosten geht, die – das deutsche Mietrecht macht es möglich – auf die Mieter abgewälzt werden.

Fast 230 Tsd. Euro setzt der Vermieter für die Fassadendämmung an. Hinzu kommen die Folgekosten: Aufgrund der aufgebrachten Dämmung muss das Flachdach erweitert werden, wofür zunächst asbesthaltige Altmaterialien entfernt werden müssen. Die an sich unbeschädigten Balkongeländer müssen entfernt werden. Außerdem ersetzt der Vermieter die alten Glasbausteine durch Isofenster. Das sieht schicker aus, führt aber zu Problemen bei der Reinigung. Und einen Energiespareffekt hat es nicht. Eine Mieter hat nachgemessen: Die Glasbausteine dämmen nicht schlechter als die neuen Fenster.

Insgesamt errechnet die LEG 319 Tsd. Euro Kosten für die Maßnahme pro Dop-pelhaus. Nur 48 Tsd. Euro davon zählt sie zu den Instandsetzung. Den Rest gibt sie als Kosten einer energetischen Modernisierung aus, die rechtlich mit 11 % pro Jahr auf die Mieter umgelegt werden können. Daus errechnet sie eine zulässige Mieterhöhung von 2,22 €/qm. „Freiwillig“ will sie auf 93 Cent pro Quadratmeter verzichten.

Ergebnis: Die Miete soll durch die Modernisierung von jetzt 4,83 €/qm auf 6,12 €/qm steigen. Für eine 70qm-Wohnung bedeutet das über 90 € mehr im Monat. Eine Menge Geld für Menschen mit niedrigen Renten. Die Mieterhöhungen führen im Einzelfall zu Belastungen des Einkommens um 61 %. Manche Mieter werden damit aus ihren langjährigen Wohnungen verdrängt. Sie suchen bereits nach anderen Wohnungen.

Der MieterInnenverein hält den Umfang der Erhöhung trotz schwieriger Rechtslage für nicht gerechtfertigt. Er fordert einen stärkeren Abzug von nicht erhöhungswirksamen Instandhaltungsleistungen und eine Reduktion der Miete auf ein für die Einkommen tragfähiges Maß.

Weitere Erhöhungswellen befürchtet

Die LEG plant landesweit einen kräftigen Ausbau ihres Modernisierungspro-gramms. Da in vielen LEG-Wohnungen in Witten besteht ein erheblicher Instandhaltungsstau besteht, muss befürchtet werden, dass die LEG diesen Instandsetzungsstau durch Modernisierungen abarbeiten will und zugleich die Mieten noch mehr erhöht, als man das bislang schon von ihr gewohnt ist.

Von der Vonovia sind weitere Modernisierungsmaßnahmen in der Schulze-Delitzsch-Straße angekündigt.

Viele Wittener MieterInnen stehen durch die Politik der Wohnungs-AGs vor massiven Anhebungen ihrer Wohnkosten.

Knut Unger, MieterInnenverein Witten