LEG verklagt Wittener Mieter auf Zahlung für Instandmodernisierung

Am kommenden Mittwoch, 19.12.2018, 9 Uhr findet vor dem Amtsgericht Witten, Bergerstraße 14, eine Gerichtsverhandlung gegen einen LEG-Mieter aus der Schückingstraße in Witten-Annen statt.  Das LEG-Tochterunternehmen Rheinweg Grundstücksgesellschaft mbH hat die langjährigen Mieter L. auf Zahlung angeblich rückständiger Miete für vier Monate verklagt. Die Mieter hatten sich geweigert, eine Mieterhöhung wegen angeblicher „Modernisierung“ zu akzeptieren. Die Mieterhöhung soll 90,25 Euro im Monat betragen. Nach Meinung der Mieter ist das zu viel, da die Häuser ohnehin sanierungsbedürftig waren.  Mit dem MieterInnenverein Witten und einigen ebenfalls betroffenen NachbarInnen kämpfen sie für eine Reduktion der Mieterhöhungen in der gesamten Straße  auf das Niveau des Mietspiegels.

Die von der Instandmodernisierung betroffenen Gebäude an der Schückingstraße 2-16 wurden Anfang der 60er Jahre als Werkswohnungen für die Rheinstahl-Werke errichtet.  Mit dem Verkauf der Thyssen-Krupp Wohnungen im Jahr 2005 wechselten sie zu der von französischen Investoren gehaltenen Immeo AG. 2015 gingen die Wittener Wohnungen der Immeo an die LEG Immobilien AG, ein 2008 privatisiertes ehemals landeseigenes Wohnungsunternehmen. Die Immeo wie die LEG vernachlässigten lange die Instandhaltung ihrer Wohnungen. Im Windschatten der ebenso vorgehenden Vonovia versucht die LEG nun, die Kosten der überfälligen Bauerneuerung als „Modernisierungsumlage“ auf die Mieter abzuwälzen und dabei hohe Mietsteigerungen durchzusetzen.

Zum Zeitpunkt der Modernsierung 2016/2017 waren  die Häuser seit ihrer Errichtung nicht gestrichen. Die Fassade sah unansehnlich grau aus. Die Fenster im Hausflur bestanden aus Glasbausteinen, was aber niemanden störte. Es gab Schäden im Putz und an den Fensterlaibungen. Wie sich später herausstellte, enthielten Teile des Flachdaches und die Fensterbänke außerdem gesundheitsgefährdende Asbestfasern.  Diese Mängel wurden mit dem Anbringen einer Wärmedämmfassade und Einbau von  Fenstern im Hausflur beseitigt.  Zusätzlich gibt es sicherlich auch eine gewisse Verbesserung der Wärmedämmung. Dafür aber ist die Mieterhöhung (im vorliegenden Fall  1,29 €/m² oder 27 %) nach Ansicht des MieterInnenvereins nicht nachvollziehbar.  Vor der Modernisierung lagen die Heizkosten bei  69 Euro im Monat. Nach der Modernisierung sind vielleicht 20 Euro Einsparung zu erwarten. Die Mieterhöhung aber liegt bei 90 Euro.

Rechtlich gesehen ist eine starke Mieterhöhung trotz des augenfälligen Missverhältnisses zu den Einsparungen leider zulässig. Im vorliegenden Fall aber hat es sich die LEG zu einfach machen wollen und ihre Renditegier übertrieben. Nach Ansicht des MieterInnenvereins sind die Mieterhöhungserklärungen schon formell unwirksam und damit nichtig. Denn die LEG habe gesetzliche Mindeststandards nicht eingehalten.  So habe es die LEG versäumt, die Mieter über die Wärmekennwerte vor und nach der Modernisierung zu informieren. Sie habe überhaupt nicht dargestellt, welche Heizkostenersparnis zu erwarten sei. Und sie habe nicht vorgerechnet, dass ein angemessener Abzug für die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen vorgenommen wurde.

Diese Mängel bestehen bei den Modernisierungserhöhungen der LEG wohlgemerkt nicht nur im Einzelfall, sondern standardmäßig. Zahlreiche MieterInnen werden mit nach Ansicht des MieterInnenvereins unzureichenden Schreiben zur Zahlung starker Mieterhöhungen  getrieben. Sollte die Mieterseite mit ihren Einwänden durchdringen, müsste die LEG mit Rückforderungen anderer Mieter rechnen.

Aber die Vorwürfe gegen die LEG sind damit nicht erschöpft: Als der MieterInnenverein Einsichtnahme in die Abrechnungsbelege forderte, worauf ein Rechtsanspruch besteht,  reagierte die LEG einfach nicht. Auch als mit Verweis auf die fehlende Rechnungslegung die Zahlungserinnerungen des Vermieters zurückgewiesen wurden, gab es keine Reaktion. Selbst die für die LEG tätige Rechtsanwaltsgesellschaft Curant, die Mahnschreiben und Mahnbescheide veranlasste, reagierte auf die ausführlichen Widersprüche des MieterInnenvereins nicht. Stattdessen reichte sie Klage auf Zahlung eines Teils der verweigerten Mieterhöhung ein. Zu dem Streit um die Modernisierung nahm sie auch dabei keine Stellung. Erst nach der Klagerwiderung der Mieterseite nahm sie schließlich inhaltlich Stellung und übersandte Rechnungsbelege.

Nach Ansicht des MieterInnenvereins ist die Klage in diesem Fall  auch deshalb unbegründet, weil die LEG zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Einsichtnahme in die Belege verweigert hatte. Auch dies ist keineswegs ein Einzelfall.

Der MieterInnenverein hofft, dass das Gericht bereits aus diesen formellen Gründen die Klage abweist und eine aufwendige Auseinandersetzung mit den einzelnen Kostenbelegen damit fürs Erste überflüssig ist.  Sollte es anders kommen, ist die Mieterseite aber um weitere Kritikpunkte nicht verlegen.

Obwohl die Fassaden der Häuser offensichtlich einen Anstrich dringend nötig hatten, legte die LEG auch die Kosten des Anstrichs, des Gerüstes usw. zu 100 % als „Modernisierungen“ auf die Mieten um. Auch die äußerst kostspielige Asbestsanierung soll von den Mietern bezahlt werden. Eine angebliche Erweiterung des Flachdaches hat keinen Energiespareffekt und war für die Fassadendämmung nicht nötig. Der überflüssige Austausch der Kellertreppen und die Verkleidung der Vordächer führte ebenso wenig zu  Wertverbesserungen wie die Verlegung von Betonplatten rings um den Gebäudesockel.  Der Austausch der Glasbausteine durch große Fensterfronten im Hausflur hat keinen merklichen Effekt auf die Heizkosten in den Wohnungen, führt aber zu einem hohen Putzaufwand, der den oft älteren MieterInnen nicht zumutbar ist.

All diese Maßnahmen haben den Mietern keine Verbesserung gebracht. Sie dienen nur der Erhöhung der Baukosten und damit der Mieten.

 

Nach dem Wittener Mietspiegel würde die ortsübliche Vergleichsmiete für die betroffene modernisierte Wohnung bei  5,41 €/qm oder 378,38 € netto liegen. Damit könnten die Mieter leben. Verlangt werden aber  6,09 €/qm oder 426,06 € netto. Derartige Mieterhöhungen über das ortsübliche Niveau hinaus müssen aus Sicht des MieterInnenvereins auch deshalb bekämpft werden, weil sie das Mietenniveau für alle anheben und preisgünstigen Wohnraum vernichten.