Das Landgericht Essen hat über eine Berufung von LEG-Mietern in Dorsten-Barkenberg entschieden und den Mietern, die die hohen „Innotec“-Müllentsorgungskosten nicht zhaklen wollten, recht gegeben. Das Urteil ist aber leider nur begrenzt übertragbar.
Falls trotz des Vorhandenseins einer Erfassungsanlage für den individuellen Müllverbrauch eine Verteilung der Müllentsorgungskosten nach Grundfläche vereinbart mwird, so kann der Vermieter keine Kosten für den Verbrauchsanteil verlangen. Falls die jährlich Betriebskostenabrechnung nur die Kosten der Serviceleistung
für die Müllentsorgung aufführt, nicht aber auch die Kosten der städtischen Müllabfuhr, so können nur die Kosten der Serviceleistung, nicht aber die Kosten der städtischen Müllabfuhr auf die Mieter umgelegt werden.
So lassen sich die Kernaussagen eines Urteils des Landgerichts Essen vom31.7.2018 (Az. 15 S 72/18) zu der jahrelang umstrittenen Umlage der Kosten eines „Müllmanagements“ in Dorsten-Barkenberg zusammenfassen. Mitglieder
des LEG-Mieterbeirates, der Mitglied im MieterInnenverein Witten ist, haben dieses Urteil in der Berufung gegen ein vorangegangenes negat ives Urteil des Amtsgerichts Dorsten (21 C 73/17) erstritten. Im Ergebnis ist das Urteil für das verklagte Mieterehepaar persönlich sehr vorteilhaft, weil sie nur etwa ein Viertel der ursprünglich von der LEG in der Betriebskostenabrechnung 2015 verlangten Müllentsorgungskosten zahlen müssen. Leider aber ist das Urteil nicht so ohne weiteres auf alle anderen Mietverhältnisse in der großen Wohnsiedlung
aus den 70er Jahren übertragbar.
In ihren Wohnanlagen in Barkenberg hatte die LEG im Jahr 2010 Müllschleusen eingeführt, mit deren Hilfe das Volumen des individuellen Müllverbrauchs ermittelt und elektronisch erfasst werden konnte. Ähnlich wie bei der Heizostenabrechnung sollten die gesamten Müllentsorgungskosten zu 50 % nach dem ermi ttelten
Verbrauch und zu 50 % nach der Grundfläche der Wohnungen auf die einzelnen Mieter verteilt werden. In diesen Beträgen waren neben den Gebühren der Müllabfuhr der Stadt Dorsten auch die Kosten enthalten, die die beauftragte externe Dienstleistungsfirme – genannt „Innotec“ – für ihren Service verlangte.Und das war sehr viel.
Die Kosten des „Müllmanagements“ machten fast genau so viel aus wie die Müllabfuhrgebühren der Stadt Dorsten. Darüber kam es in der Mieterschaft zu erheblichem Unmut.
Bei Überprüfung der Abrechnungen stellten der Mieterbeirat und der MieterInnenverein Witten nicht nachvollziehbare Berechnungen und inhaltliche Fehler fest. Vor allem gab es Einwände gegen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme. Aber die LEG bestand auf ihrem Verfahren und verklagte 2017 Mitglieder des Mietbeirates auf Zahlung der zurückbehaltenen Forderung der LEG. Das Amtsgericht gab 2017 der Klage statt, ließ aber die Berufung zu.
Die Mieter hofften nun, wenigstens das Landgericht werde die Wirtschaftlichkeit, die Unklarheiten und die Fehler der Innotec-Abrechnung prüfen. Aber es kam anders. Im Laufe des Verfahrens wurde vor allem der spezifische Mietvertrag des verklagten Mietehepaars geprüft. Dieser war nach Einführung der Innotec-Müllschleusen im Jahre 2011 abgeschlossen worden. In diesem Vertragsformular wurde ausdrücklich eine Umlage der Müllentsorgungskosten nach Grundfläche und nicht nach Verbrauch vereinbart. Diese Vereinbarung wurde auch durch eine beigefügte Beispielabrechnung der Betriebskosten bestätigt.
Es ist davon auszugehen, dass das gleiche Vertragsformular ab 2010 vielfach Verwendung fand. Die Mieter, die solche Verträge haben, können nun auf das Landgerichtsurteil verweisen und die Rückerstattung von 50 % der Innotec-Kosten verlangen – vorausgesetzt sie haben rechtzeitig ihre Einwendungen gegen die Abrechnung eingelegt.
Das Landgericht konnte nicht anders, als die Umlagefähigkeit der Verbrauchskosten in diesem Fall aufgrund des Mietvertrags verneinen. Es ist aus Sicht des MieterInnenvereins allerdings bedauerlich, dass es die zahlreichen anderen Einwendungen der Mieter gegen „Innotec“ nicht gewürdigt hat.
Dies gilt auch für den zweiten Bestandteil des Landgerichtsurteils zu den Müllkosten. In einem Teil der Wohnanlagen in Barkenberg hatte die LEG in der Abrechnung 2015 vergessen, die Zusammensetzung der Müllentsorgungskosten (Innotec + Stadt Dorsten) zu erläutern. Nach Ansicht des Gerichtes konnten die
Mieter lediglich erkennen, dass „Innotec“-Kosten umgelegt werden sollten, nicht aber auch die Müllgebühren der Stadt Dorsten. Das Gericht kam so zu dem für die Mieter überraschenden Ergebnis, dass ausgerechnet der für korrekt gehaltene Kostenanteil der Stadt Dorsten nicht rechtens ist.
Eine Abrechnung ohne Erläuterung hat die LEG allerdings nur in einem Teil der Wohnanlage vorgenommen. Mieter in anderen Abrechnungseinheiten, können sich auf diesen Fehler nicht berufen.
Der MieterInnenverein Witten bedauert, dass mit der Urteilsbegründung für einen Großteil der MieterInnen in Barkenberg immer noch keine Rechtssicherheit eingetreten ist. „Das Urteil lässt sich nur auf wenige andere Fälle zu hundert Prozent übertragen“, sagt Knut Unger, Sprecher des Vereins. In Barkenberg haben zahlreiche MieterInnen Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung 2015 eingelegt und Forderungen der LEG nur unter Vorbehalt gezahlt.
Unzufrieden ist der MieterInnenverein Witten auch mit einem anderen Punkt des Urteils. Die LEG hatte die Kosten für Wasser, Abwasser und Hausstrom zu großen Wirtschaftseinheiten zusammengefasst, obwohl zum Teil Rechnungen für die einzelnen Objekte vorlagen. Diese Kosten waren für einen Teil der Mieter günstiger als der Anteil an den Gesamtkosten.
Hier verneinte das Landesgericht einen Fehler der LEG. Der Vermieter dürfe die Größe der Wirtschaftseinheiten nach billigem Ermessen festlegen, befand das Gericht unter Berufung auf eine BGH-Entscheidung. Auf das Argument, dass die Bildung einer großen Wirtschaftseinheit in diesem Falle nicht „billig“ sei, da die Kosten für einen Teil der Mieter dann höher ausfielen als bei objektbezogener Abrechnung, ging das Gericht nicht ein.