LEG verlangt seit Jahren zu hohe Heizkosten

|Update 17.8.2024| Bei der Prüfung der Heizkostenabrechnungen der LEG ist dem MieterInnenverein Witten aufgefallen, dass die LEG seit mindestens 2021 in vielen Wittener Wohnanlagen deutlich überhöhte Heizkosten verlangt hat. Nach den vor kurzem vorgelegten Wärmelieferverträgen mit der LEG-Tochter ESP dürften in den Heizkosten nur Nettopreise für die Wärme verlangt werden. Tatsächlich berechnet wurden aber Bruttopreise. Der Mieterverein hat die LEG aufgefordert, allen betroffenen Mietern diese und andere unrechtmäßige Kosten zu erstatten. Die LEG hat auf diese Aufforderung bislang nicht reagiert. Gegenüber dem WDR hat sie die Falschabrechnungen bestritten. In einer Serie von Quartiersversammlungen klärt der MieterInnenverein über die Rechte der MieterInnen auf.

 

Seit vielen Jahren überprüft der MieterInnenverein Witten für seine Mitglieder die jährlichen Betriebs- und Heizkostenabrechnungen der LEG, des größten privaten Vermieters in Witten. Dazu verlangte er Jahr für Jahr die Einsichtnahme in die vollständigen Belege der Kosten. Bis zur Gewährung der Einsichtnahme hatten und haben die vertretenen Mieter das Recht, die oft hohen Nachforderungen aus den Abrechnungen und laufende Vorauszahlungen zurückzubehalten.

Lange Zeit reagierte die LEG überhaupt nicht auf die Forderung nach Belegeinsicht. Aber seit einigen Monaten hat sie ihre Taktik geändert. Für vier Abrechnungsjahre übersandte sie PDF‑Dateien mit vielen hundert Seiten. Trotz dieser Datenmassen hält der Mieterverein die Belege für unvollständig. Sie enthalten viele unzulässige, ungültige oder nicht prüffähige Unterlagen. Die Mieter können ihre Zurückbehaltungsrechte weiter ausüben.

Darüber hinaus fielen dem Mieterverein aber auch eindeutig rechtswidrig überhöhte Kosten auf. Besonders drastisch ist der Versuch der LEG, ihre Mieter mit überhöhten Wärmerechnungen ihres Tochterunternehmens Energie Service Plus GmbH (ESP) zu belasten.

Wärmerechnungen sind vertragswidrig

Vor wenigen Wochen hat die LEG für 63 Wittener Heizzentralen Wärmelieferverträge übersandt, die vor einigen Jahren zwischen der LEG als Vermieterin und der ESP abgeschlossen wurden. Die Vertragswerke regeln jeweils auch die Übertragung der Zentralheizungen des Vermieters auf das Tochterunternehmen ESP („Wärmecontracting“) . Die damit verbundene Umstellung von der bisherigen Abrechnung der Gas- oder Ölkosten des Vermieters auf die Wärmeabrechnungen des Wärmelieferanten muss den Mietern eigentlich mitgeteilt werden.  In der Mitteilung muss vorgerechnet werden, dass die Kosten im ersten Jahr nicht steigen. Derartige Mitteilungen haben die Wittener Mieter in vielen Fällen nicht erhalten. Sie wurden auch trotz wiederholter Aufforderung durch den Mieterverein von der LEG auch nicht vorgelegt.

Wie bei „Wärmecontracting“ üblich, enthalten die Wärmelieferverträge Preisanpassungsformeln, mit denen ein jeweils vereinbarter Ausgangspreis unter Bezugnahme auf öffentliche Preisindizes fortgeschrieben wird. Die in den ESP-Verträgen vereinbarten Formeln enthalten Ausgangspreise, die ausdrücklich als „Nettopreise“ bezeichnet werden.

Der Mieterverein staunte nicht schlecht, als er diese Klauseln mit den zuvor übersandten Wärmeabrechnungen für den jeweiligen Abrechnungszeitraum verglich. In diesen Rechnungen der ESP sind nämlich Preise aufgeführt, die jeweils 19 Prozent über den vertraglichen Vereinbarungen liegen.  An der Mehrwertsteuer kann es nicht liegen. Denn die ESP bildet mit der LEG eine umsatzsteuerliche Organschaft. Es fallen gar keine Mehrwertsteuern an, und sie werden in den Rechnungen auch nicht ausgewiesen.

Da die vertragswidrigen Preise in die Heizkostenabrechnungen der Mieter übernommen wurden, sind die Wärmekosten-Angaben in allen Abrechnungen um mindestens 19 Prozent überhöht, und das zumindest für den Zeitraum seit 2021.

Wärmelieferverträge enthalten unwirksame Klauseln

Außerdem hat der Mieterverein festgestellt, dass die Formel für den Arbeitspreis sich nicht auf eindeutig bestimmbare Indexwerte bezieht und somit nicht transparent ist. Die Preisanpassung ist nach dem hier anzuwendenden Recht der Fernwärmeversorgung unwirksam. Es gilt für den Arbeitspreis der vereinbarte Ausgangspreis ohne die Erhöhungen der letzten Jahre.

Die Darstellung eines Beipspiels mit Auszügen aus den Dokumenten finden Sie hier (PDF)

Der Mieterverein hat die LEG schriftlich aufgefordert, die Abrechnungen aller betroffenen Mieter zu korrigieren und die überzahlten Beträge zu erstatten.

Das Schreiben finden Sie hier (PDF). 

Darauf hat der Konzern bislang nicht reagiert. Gegenüber Medien (WDR, Radio EN) hat die LEG die Falschabrechnungen pauschal bestritten.

Fordern Sie ihr Geld zurück!

Der Mieterverein rät: Alle LEG‑Mieter mit ESP-Wärmekosten in der Heizkostenabrechnung für 2023 sollten schnell noch die Belegeinsicht und eine Korrektur der Abrechnungen fordern. Denn Einwendungen gegen eine Abrchnung sind nur bis maximal 12 Monate nach Zugang der Abrechnung wirksam.

Ferner sollten sie auch einen Schadensersatz für die überhöhten Abrechnungen 2021 und 2022 verlangen. Denn es gehört zu den Pflichten des Vermieters, die Mieter von unnötigen und rechtlich unbegründeten Kosten freizuhalten.

Hier finden Sie Musterschreiben und Formulare für die Geltendmachung der Ansprüche:

Gemeinschaftlicher Widerspruch zu ESP-Wärme in Witten (z,B, durch Hausgemeinschaften):

Individueller Widerspruch bei ESP-Wärme in Witten:

In den nächsten Wochen wird der Mieterverein Aufklärungsveranstaltungen in den betroffenen Wohngebieten durchführen.

Den Auftakt dieser Veranstaltungen, bei denen es jeweils auch noch um andere Abrechnungsfehler, aktuelle Mieterhöhungen und Mängel geht, macht am 14. August um 17:00 Uhr das Wohngebiet an der Schückingstraße in Annen.   Am 18. August um 18:00 Uhr folgt das Wohngebiet an der Erzbergerstraße/Rathenaustraße/Knapmannstraße. Am 21. August ist der Mieterverein um 17:00 Uhr an der Straße Drei Könige und am 25. August um 18:00 Uhr an der Friedrich-Ebert-Straße. Weitere Vor-Ort-Beratungen sind in Planung.

„Es geht um viel Geld“, sagt der Mieterverein.  „Wir müssen damit rechnen, dass der Schaden für die Wittener Mieter in Höhe eines mittleren sechsstelligen Betrags liegt.“

Der Mieterverein erwartet von den Lokalpolitikerinnen, dass sie die Rückforderung der hohen Überzahlungen hunderter Wittener Mieter unterstützen.

Betroffene Wohnanlagen

Für die folgenden Liegenschaften hat der Mieterverein ESP‑Wärmelieferverträge mit vereinbarten Netto-Kosten erhalten. Hier lohnt es sich, die LEG zur Belegvorlage und Korrektur aufzufordern:

  • Marienstr. 24–26
  • Dortmunder Straße 58–66
  • Röhrchenstraße 44, 44a, 51, 51A, 53
  • Schlachthofstraße 8, 8A
  • Schützenstr. 26–34, 35–39
  • Wideystr. 39
  • Breddestraße 21
  • Oberstraße 66,68
  • Drei Könige 2–4
  • Steinstr. 34, 41
  • Alter Garten 14, 16
  • Freiligrathstraße 50–54
  • Freiligrathstraße 38, 38a
  • Westfeldstraße 33.35
  • Schückingstr. 1–5, Freiligrathstr. 29
  • Schückingstr. 2–16
  • Kohlensiepen 134, 130 f
  • Friedrich-Ebert-Str. 38–44, Im Rohr 2–4.
  • Knapmannstr. 23–27
  • Erzberger Straße 1 – 11, 2 – 6
  • Rathenaustraße 2 – 14, 5 – 11
  • Knappensiedlung 21–23, 30–38, 29–35
  • Sprockhöveler Straße 79–85
  • Im Hauswinkel 2 – 10
  • Am Huchtert 27–35
  • Rotkehlchenweg 2 + 4

Konzerninternes Wärmecontracting

Weiterer Hintergrund: In all diesen Liegenschaften liegt ein „Wärmecontracting“ vor. Das heißt: Früher hat die LEG in den Heizkostenabrechnungen das Gas oder Öl abgerechnet, das in den Zentralheizungen verbraucht wurde. Ab etwa 2016 hat sie die Zentralheizungen jedochZug um Zug  auf ihr Tochterunternehmen ESP ausgelagert. Sie bezieht jetzt Wärme aus „fremden“ Anlagen, die sie der ESP bezahlt. Zwar hat ein solches Vorgehen innerhalb eines Vermietungskonzerns einen üblen Beigeschmack, ansonsten ist die Umstellung vom Eigenbetrieb der Heizung auf „gewerbliche Wärmelieferung“ aber erlaubt. Voraussetzung ist allerdings, dass den Mietern die Umstellung rechtzeitig mitgeteilt wird. Der Vermieter muss den Mietern vorrechnen, dass die Wärmelieferung im ersten Jahr nach der Umstellung nicht teurer wird als die bisherige Heizung. Derartige Mitteilungen hat zumindest ein Teil der nun betroffenen Mieter nie erhalten.

Zur Vollständigkeit gehört: Im Unterschied zu anderen Contracting-Fällen sind die Heizkosten bei dem ESP‑Contracting in Witten nicht exorbitant gestiegen, auch nicht in der Gaspreiskrise 2022/2023.

Wohngebiete ohne LEG-Contracting

Es gibt weitere Wittener Wohngebiete der LEG, die mit Wärme versorgt werden, aber nicht von der ESP.  Hierzu zählt die Cranachstraße in Bommern. Die Häuser hängen am dortigen Fernwärmenetz der Stadtwerke. In der Wohnanlage Ardeystraße/Winkelstraße/Johannisstraße liegt Contracting mit einer anderen Firma und anderen Verträgen vor. Diese werden vom Mieterverein noch geprüft. Es gelten nicht die gleichen Einwendungen wie bei der ESP.

Daneben gibt es in Witten auch weiterhin Wohnanlagen mit üblicher Zentralheizung. Hier ist das Problem, dass die LEG das Gas von ihrer eigenen Tochter bezieht.

Zu guter Letzt gibt es vor allem in Herbede und Vormholz auch eine Reihe von Wohnungen mit Gasetagenheizung. Hier beziehen die Mieter das Gas direkt vom Lieferanten. Die LEG plant, diese Situation zu ändern und diese Wohnungen mit Luft‑Luft-Wärmepumpen auszustatten. Dafür will sie Mieterhöhungen verlangen und Stromlieferungen der ESP abrechnen. Dieses Vorhaben sieht der Mieterverein sehr kritisch.