Mieterbefragung in Witten-Heven: Mieterhöhungen durch Modernisierungen der Vonovia nicht tragbar

In der Raiffeisenstraße und der Schulze-Delitzsch-Straße in Witten will der Wohnungskonzern VONOVIA ab Januar des nächsten Jahres umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten durchführen. Die Mieter befürchten starke Mieterhöhungen und Verdrängungen. Vermittelt von dem Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschack (SPD) fand inzwischen ein Gespräch der Vonovia Regionalleitung mit einer Delegation der Mieter statt. Dort erklärten die Vertreter der Vonovia, dass die Mieten nach Abschluss der Arbeiten auf einheitlich 7,36 €/m² angehoben werden. Das ist zwar weniger als die Beträge, die aufgrund der bisherigen Ankündigungen und Mieterhöhungen der Vonovia zu erwarten waren. Eine Mieterbefragung belegt aber:  Für die Mieter in dieser Siedlung ist es immer noch viel zu viel. MieterInnenverein Witten und Mieterrat Heven fordern die Vonovia deshalb weiter zum Verzicht auf die starken Mieterhöhungen auf. 

Der Mieterrat Heven hat in den letzten Woche begonnen, eine Mieterbefragung unter den Bewohnerinnen der betroffenen Häuser Schultze-Delitzsch-Str. 5 – 15, Raiffeisenstr. 1 – 3 und  2 – 4 in Witten durchzuführen. Befragt wurden bislang 32 Mieterhaushalte nach ihren Einkommens- und Familienverhältnissen, nach Alter, Wohndauer, Krankheit, Verwandten und sozialen Bezügen im Quartier. Gefragt wurde auch nach Befürchtungen bezüglich der Veränderung der persönlichen Wohnverhältnisse.

Gehen wir davon aus, dass die Vonovia ihre Ankündigung einhält, nach Abschluss der Modernisierungen für alle Wohnungen eine Grundmiete von 7,36 €/m² zu verlangen, ergibt sich aufgrund der bisherigen Befragung das folgende Bild.

Wohnkostenbelastung  von über 30 % des Nettoeinkommens

Bei den 26 der 32 befragten Mietparteien  kommt es nach den voraussichtlichen Mieterhöhungen zu Belastungen des monatlichen Nettoeinkommens von über 30 Prozent. Nach der Rechtsprechung und auch nach Ansicht der Vonovia  kommen in diesen Fällen Anträge auf wirtschaftliche Härte in Betracht. Für 24 Haushalte beträgt die voraussichtliche Belastung ab 38 % des Nettoeinkommens.

Bei 10 Haushalten beträgt die voraussichtliche Warmmiete 38 % bis 50 % des Nettoeinkommens. Bei 5 Haushalten beträgt die voraussichtliche Warmmiete über 50 % bis unter 60 % des verfügbaren Nettoeinkommens. Bei weiteren 9 Haushalten beträgt die voraussichtliche Warmmiete über 60 % des verfügbaren Nettoeinkommens.  Bei 5 dieser Haushalte handelt es sich um Rentner/innen im Alter über 70, darunter 4 Alleinstehende.

Besondere Belastung der SeniorInnen 

Die Ältesten unter den BewohnerInnen leben meist schon seit Jahrzehnten in ihren Wohnungen. Sie sind in besonderem Ausmaß auf die Unterstützung von in der Nähe wohnen Familienangehörigen und NachbarInnen angewiesen. Unter ihnen finden sich die Haushalte mit der höchsten Wohnkostenbelastung. Ein Umzug wäre auch wegen der gesundheitlichen Belastungen unzumutbar.

Alter und gesundheitliche Beeinträchtigungen machen oft auch schon bei geringerem Alter die Nähe zu Ärzten, Einkaufsmöglichkeiten und Verkehrsanbindungen in Witten-Heven erforderlich. Umzüge können nicht mehr aus eigener Kraft durchgeführt werden und sind entsprechend kostspielig.

Familien und Kinder

In der Gruppe der Erwachsenen bis 44 finden sich viele Eltern, die mit zum Teil kleinen Kindern hier leben. Insbesondere für  schulpflichtige Kinder ist die Ortseinbindung hoch. Der größte Teil der Familien und jüngeren Leute verfügt über ein begrenztes Einkommen oder ist bereits auf ALG II angewiesen.

Soziale Entmischung droht

Bei den jüngeren und mittelalten Haushalten mit durchschnittlichem oder überdurchschnittlichem Einkommen ist bereits eine Tendenz des Fortzugs zu beobachten. Diese Altersjahrgänge sind noch mobil genug und können meist auch die Kosten eines Umzugs in andere Wohnungen aufbringen.

Für die nach der Modernisierung von der Vonovia verlangten Mieten lassen sich anderswo bessere Wohnungen anmieten. Mit dem Fortzug verliert das Quartier seine soziale Mischung und seinen sozialen Zusammenhalt. Am schlimmsten trifft auch das die vielen Alten und Armen, die keine bezahlbare Alternative sehen und ihr seit Jahrzehnten gewohntes Heim verlieren. Auf die öffentliche Hand kommen erhöhte Kosten für Wohngeld, Sozialleistungen und Pflege zu.

Modernisierungsmieten wären mietrechtlich überhöht

Nach dem Entwurf des neuen Mietspiegels werden für vergleichbare modernisierte Wohnungen in Witten Quadratmetermieten zwischen 5,37  €/m² und 5,68 €/m² bezahlt. Die Vonovia plant somit Mieten ein, die deutlich mehr als 20 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmieten betragen würden. Diese Mieten kann die Vonovia nur dann durchsetzen, wenn für die betroffenen Mieter unzureichend preisgünstiger, bedarfsgerechter Ersatzwohnraum in Heven anmietbar ist und die persönliche Notlage der Betroffenen ausgenutzt wird. Damit aber wären die Tatbestandsvoraussetzungen einer Mietüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetzt erfüllt.

Mieterverein und Mieterrat fordern Verzicht auf starke Mieterhöhungen

Der Mieterrat Heven und der MieterInnenverein Witten werden in den nächsten Wochen die Betroffenen bei der Abfassung von Anträgen wegen wirtschaftlicher und persönlicher Härte unterstützen. Eine Lösung des Problems durch Einzelfallentscheidungen ist aber nach Ansicht des MieterInnenverein angesichts der Dimension nicht möglich. „Die Vonovia muss ihre Mieterhöhungspläne gründlich überarbeiten“, sagt Mietervereinssprecher Unger.

Mieterbeirat und Mieterverein fordern von der Vonovia einen Verzicht auf Mieterhöhungen über 30 Prozent des Nettoeinkommens hinaus. Auch für Mieter mit höheren Einkommen sollen die Mieterhöhungen auf einen für Witten üblichen Betrag gedeckelt werden.

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Der Fall war heute im SAT1-Frühstücksfernsehen.

 

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