Nr. 36


Markt zerstört grüne Insel

Mieter an „Drei Könige“ geben nicht auf - Planung fehlerhaft

Viel Schatten und auch ein wenig Licht erlebten die AnwohnerInnen der Straße „Drei Könige“ bei ihrem Kampf um den Erhalt der Wohnqualität.

Am 12. Februar behandelte der Stadtrat einen Bürgerantrag der Initiative „Innenstadt West“: Sprecher aller Fraktionen bekundeten Verständnis für das Anliegen der Anwohner, die nach dem Bau des neuen Aldi und eines weiteren Marktes zusätzlichen Verkehr in der Straße „Drei Könige“ befürchteten. Der Verkehrsausschuss sollte prüfen, ob nicht doch eine Schließung der Straße für den abfließenden Verkehr möglich sei. Außerdem wurde eine Sanierung der maroden Straße in Aussicht gestellt - was noch Jahre dauern kann.

Bereits am nächsten Tag sahen sich die Anwohner getäuscht: Wegen einer Tiefbaumaßnahme an der Herbeder Straße wurde der gesamte Verkehr über „Drei Könige“ geleitet. Wenig später bekundete der Verkehrsausschuss, die Straße müsse Ausfahrt bleiben. Und am 26. Februar kam es dann ganz dicke: Ohne Vorankündigung wurden Sträucher und Bäume entlang der Mietergärten beseitigt. „Unsere grüne Insel wurde restlos zerstört“, klagt Heike Kehl, Sprecherin der Initiative. „Hier war das Zuhause von Singvögeln, Eichhörnchen und Igeln. Jetzt blicken wir auf das trostlose Thyssengebäude und bald auf einen neuen Betonklotz.“

Unterdessen hatte die Stadtverwaltung endlich dem Antrag der Initiative auf Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz stattgeben müssen. Offenbar auf Weisung des Bauordnungsamtes weigerten sich am 6. Mai aber die Stadt-MitarbeiterInnen, irgendeine Akte auszuhändigen. Auch in der mündlichen Erörterung zeigten sich jedoch massive Planungsfehler: Es waren überhaupt keine Alternativen zur Erschließung geprüft worden, die Belastung von „Drei Könige“ war nicht berechnet worden, die Stellplatzzahlen waren falsch, das Lärmgutachten behandelte nur den ersten Aldi-Bauabschnitt. Der MieterInnenverein forderte die Gewährung einer korrekten Akteneinsicht und erneuerte die Einsprüche gegen die zweite Baugenehmigung. Weitere Rechtsmittel werden geprüft. 

Im April kam der nächste Schock: Weil Gartenhäuser und Hecken ein wenig über die Grundstücksgrenze reichten, sollten die Mieter diese abreißen. In Telefongesprächen mit dem Bauherrn erreichten die Mieter dann immerhin die Zusage, dass die Hütten und Hecken geduldet würden. Auch symbolische Pachtverträge wurden in Aussicht gestellt, aber noch nicht zugesandt.

Der Vermieter, Thyssen-Krupp, machte in all diesen Auseinandersetzungen keinen Finger für seine Mieter - und den Wohnwert seiner Immobilien - krumm. Etliche BewohnerInnen mindern die Miete inzwischen erheblich - wegen der Lärm- und Umweltbeeinträchtigungen, wegen Bauarbeiten und Mängeln an den Häusern.

In Sommer erörterten die Mieter mit Planungsamtsleiter Bültmann Möglichkeiten eines Kompromisses für die Beruhigung der Straße. Durch eine Umgruppierung der Parkplätze und das Aufstellen von Kübeln, die die Mieter bepflanzen, könnten die Autos zum langsameren Zick-Zack-Fahren gezwungen werden. Bültmann sagte die Anfertigung eines Entwurfs zu. An den Rat richteten die Anwohner die Forderung, „Drei Könige“ in eine Spielstraße umzuwidmen. 
Bei all dem Frust gibt es auch Positives: In den gemeinsamen Auseinandersetzung sind die Anwohner - über alle Gartenzäune hinweg - zu einer richtig guten Nachbarschaft zusammengewachsen.



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(c) MieterInnenverein Witten 10/2001.  Knut Unger