Nr. 34


Zukunft für die City-West 

Mieterinitiative wehrt sich gegen Verkehrslärm und Planungs-Chaos 

Die Stadt scheint sich für uns hier überhaupt nicht zu interessieren“, meint eine langjährige Mieterin an der Straße „Drei Könige“. Wer sich das kleine Wohngebiet hinter der Herbeder Straße ansieht, wird ihr Recht geben: Das holprige Pflaster wurde seit Jahrzehnten nicht saniert, eine Stützmauer ist schadhaft, nebenan befindet sich eine Dauerbaustelle, sichere Fußwege gibt es nicht... 

Als wäre das nicht schon genug, wurde den Anwohnern 1998 dann auch noch ein Baustofflager auf dem nahen Parkplatz von Thyssen zugemutet. Zu jeder Tages- und Nachtzeit rollten die LKW durch die Gasse. „Wenn ich von der Nachtschicht kam, konnte ich kein Auge zu tun“, sagt ein Mieter. In der Straße wohnen mehrere junge Familien. Sie fürchteten um die Sicherheit ihrer Kinder. Diese Zustände wollte Mieterin Heike Kehl nicht hinnehmen. Immer wieder schrieb sie Briefe an die städtischen Stellen, an das staatliche Umweltamt. Monatelang zog sich das hin. 

Erst als sie mit Unterstützung ihrer NachbarInnen und des MieterInnenvereins an die Öffentlichkeit ging, war der Skandal nicht mehr zu verbergen: Das Baustofflager der Firma Jakobi war gar nicht genehmigt, das Bauordnungsamt hatte wissentlich einen illegalen Zustand geduldet. MieterInnenverein und die inzwischen gegründete Bürgerinitiative forderten, den Betrieb einzustellen oder wenigstens in einem ordnungsgemäßen Verfahren Auflagen zu erlassen. Auch ein Antrag auf Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz wurde gestellt. 

Offensichtlich trafen diese Maßnahmen ins Schwarze. Im Frühsommer teilte die Firma mit, das Baulager werde wegen der Proteste der Anwohner eingestellt. 

Ein Sieg? Nein, nur ein Anfang. Eigentlich sollen nach dem Wittener Einzelhandelsgutachten alle größeren Geschäfte in der bestehenden City angesiedelt werden, um hier die Nachfrage zu stärken. Trotzdem wurde beim Aldi eine Ausnahme gemacht. Seit langem schon ist der gesichtslose Rohbau an der Herbeder Straße fertig. Die Geschäfte zur Straße hin sind nur Attrappen. Der eigentliche Zugang soll von hinten, vom ehemaligen Rosenkranzgelände erfolgen. Die Autofahrer erreichen den dortigen Parkplatz von der kleinen Stichstraße hinter der Unterführung. Zusätzlich aber sollen sie den Parkplatz über „Drei Könige“ verlassen können - und dort für neue Belastungen sorgen. 

Aber damit nicht genug: Direkt neben dem Aldi soll auf dem Gelände des ehemaligen Gemeindezentrums ein großer Schuhmarkt mit ein paar Wohnungen entstehen. Er wird fast genauso aussehen wie der Aldi, auch sein Zugang liegt am Parkplatz hinter den Gebäuden - also noch mehr Verkehr. Für den neuen Markt müssen außerdem Bäume weichen. Die Herbeder Straße wird dann noch stickiger. Ein Kinderspielplatz ist ausgerechnet direkt an dieser lauten und gefährlichen Einfallschneise vorgesehen. 

Schon im Frühjahr forderten die AnwohnerInnen: Keine Durchfahrt durch unsere Straße. Außerdem sollte der zweite Neubau überprüft werden. Aber der damalige Planungsamtsleiter ließ die Argumente in der Schublade verschwinden. Inzwischen wurde die Bauvoranfrage bereits bewilligt und von der Ausfahrt will die Stadt auch nicht abrücken. Von solider Planung kann bei all dem keine Rede sein. Berechnungen, dass die Verkehrsführung über „Drei Könige“ möglich oder nötig ist, konnte die Stadt nicht vorlegen. Die Aldi-Ausfahrt widerspricht auch den Zukunftsplänen der Stadt: bei der Einmündung in die Hans-Böckler-Straße ist eine große Haltestelle für die zweispurig ausgebaute Straßenbahn vorgesehen. Schon jetzt eine besonders gefährliche Ecke Konzept für den Stadtteil Aber das ist nur ein Teil der Gleichgültigkeit, mit der die Stadt ihre BürgerInnen und wertvollen Flächen am Rande der City behandelt. 

Obwohl die ehemaligem Bahngelände die Entwicklungsgebiete für Innenstadt überhaupt sind, werden von der Hand in den Mund gesichtslose Bauten genehmigt, die morgen im Wege stehen. Vielleicht ändert sich ja die Politik, wenn AnwohnerInnen wie die Mieter von „Drei Könige“ lauter und deutlicher ihre Interessen einbringen. 

Aktuelle Forderung der Initiative: Damit die marode Straße repariert wird, muss die Stadt das nötige Geld in den Haushalt einstellen. Ohne Sanierung ist zusätzlicher Verkehr auf keinen Fall möglich. Der Mieterinnenverein wird die Initiative weiter unterstützen, - auch mit juristischen Mitteln, soweit es sie für Mieter gibt. Von der Stadt fordert er die Erarbeitung eines Entwicklungsskonzeptes für den ganzen Bereich der ehemaligen Brachflächen und der anliegenden Straße - nicht am grünen Tisch, sondern im Dialog mit den AnwohnerInnen.

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