Gelsenkirchen, den 06. Juni 2000
Die Viterra Wohnen AG will die Privatisierung von Mietwohnungen in den nächsten Jahren deutlich verstärken. Dies bestätigte der Vorstandsvorsitzende der Konzernmutter Veba AG, Ulrich Hartmann, auf Anfrage von Mieter/innen bei der diesjährigen Aktionärsversammlung am 25. Mai in Essen.
Schon die bisherigen Verkäufe von Arbeitersiedlungen und Sozialwohnungen im Ruhrgebiet (1998 2917 verkaufte Wohnungen, 1999: 2935 verkaufte Wohnungen) stießen auf große Verunsicherungen und heftige Proteste bei den betroffenen Mietern. Jetzt will der Konzern die jährlichen Verkäufe aus bis zu 5000 Wohnungen im Jahr steigern. Erstmals kreist der Privatisierungsgeier nicht nur über den Arbeitswohnungen im Ruhrgebiet sondern auch über Berlin und Frankfurt. Hier hatte die Viterra/Veba erst im letzten Jahr Wohnungsunternehmen aufgekauft, offensichtlich mit rein spekulativer Absicht.
Mit eindruckvollen Reden beschworen die als Kleinaktionäre auftretenden VertreterInnen des Aktionsbündnisses der Veba-Mieter den sozialen Verpflichtungen des Wohnungsunternehmens und die Gefahren der Verkäufe für die betroffenen MieterInnen. Da Wohnungen auch an Nichtmieter verkauft werden, kommt es in den Siedlungen zum "Mobbing" um die alten BewohnerInnen rauszuekeln. Aus Angst vor dem Wohnungsverlust lassen sich auch MieterInnen zum Kauf nötigen, die sich das nicht leisten können.
Hartmann rechtfertigte das mieterfeindliche Geschäftsgebaren des Konzerns mit Hinweisen auf Veränderungen der Immobilienmärkte. Das Aktionsbündnis der Veba-Mieter stellt demgegenüber fest, dass Veba/Viterra auf den regionalen Wohnungsmärkten ganz eindeutig eine Vorreiterrolle bei der Aufkündigung bisheriger Sozialverpflichtungen spielt. Als Mieterfeind betätige sich Viterra im übrigen nicht nur bei den Verkäufen, sondern auch mit dem Bau von Fertighäusern in Mietergärten, dem Verfallenlassen und dem Abriss preisgünstigen Wohnraums sowie rechtswidrigen Praktiken bei Heiz- und Nebenkostenabrechnungen.
"Zu dieser Brutalität ist der Konzern wirtschaftlich keineswegs gezwungen. Aus purer Profitgier verwandelt sich Veba (in Zukunft mit Viag fusioniert zu E.ON) planmäßig in den größten Wohnraumspekulanten Deutschlands und bald wohl auch Europas."
Auch nach der Fusion mit VIAG ist nach Angaben von Hartmann nicht geplant, die Viterra AG an der Börse zu handeln.
Das Aktionsbündnis der Veba-Mieter kündigte die Fortsetzung seiner "hartnäckigen Aufklärungs- und Protestarbeit" an. "Die Viterra AG kann kein akzeptabler Partner mehr für die Wohnungspolitik sein. Wohnen bei Viterra ist heute ein Risiko. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Missachtung der Kunden auch ertragsmindernd auswirkt. Die Leerstandsquote im Ruhrgebiet hat bereist deutlich zugenommen."
Im Einzelfall treten Mieterinitiativen mit Unterstützung des Landes für die Neugründung von Mietergenossenschaften ein, um die Einzelprivatisierungen zu verhindern. Haupthindernis für die Lösung bleiben die überzogenen Preisvorstellungen der Viterra AG.
c/o Mieterhaus Flöz Dickebank, Ottilienaustr. 3a, 45886 Gelsenkirchen
(c) MieterInnenverein Witten 2000. Knut Unger