Qualifizierte Mietspiegel in Witten 1999 – 2016

Die Stadt Witten tut sich traditionell schwer mit ihrer Aufgabe, einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen. Ein kleiner Rückblick.

1999-2001: Nach langen Auseinandersetzungen beschließt der Stadtrat die Erstellung eines Mietspiegels auf wissenschaftlicher Grundlage. Vergabe an das INWIS-Institut aus Bochum. Im Laufe des Jahres 2000 finden die Erhebungen statt. Die Methoden und Auswertungen werden intensiv von einem Arbeitskreis der Wohnungsmarktakteure begleitet. Diese und kommunale Unternehmen tragen weitgehend die Kosten. Die Stadt steuert Moderation, Wissen und Serviceleistungen bei.

2001-2002: Der erste qualifizierte Mietspiegel in Witten ermöglicht Mieterhöhungen, führt aber zu großer Rechtssicherheit für alle Beteiligten.

2003-2004: Die Stadt macht von der rechtlichen Möglichkeit Gebrauch, den Mietspiegel für weitere zwei Jahre nach dem Lebenshaltungskostenindex fortzuschreiben.

2005-2009: Der qualifizierte Mietspiegel ist ausgelaufen. Er wird als einfacher Mietsigel eine Zeit lang weiter angewandt. Angesichts geringer Mietendynamik ist das vorübergehend kein großes Problem. Mit der Zeit wächst aber die Rechtsunsicherheit. Bemühungen um eine Neuerstellung scheitern an mangelndem Interesse der Stadt und der Wohnungsunternehmen.

2009-2011: Nach Auseinandersetzungen ist die Stadt Witten bereit, einen Mietspiegel zu unterstützen, will sich an den Kosten aber nicht beteiligen. Es wird ein AK Mietspiegel eingerichtet. Eine Reihe von Vermietern und Verbänden bringt begrenztes Budget für die Kosten auf. Das INWIS vergünstigt. Hoffnungen auf eine Ausstockung der Finanzmittel für eine ökologische Komponente zerschlagen sich. Die Erhebung muss ohne Versendung der Fragebögen an eine Zufallsauswahl von Vermietern auskommen. Die Wittener Wohnungsunternahmen stellen die Daten ihrer relevanten Wohnungen bzw. einer Stichprobe zur Verfügung. Der Rücklauf aus den Reihen der Kleinvermieter ist für die Repräsentativität unzureichend. Das INWIS will diese Daten trotzdem verwenden. Die vorhandenen Daten weisen höhere Mieten als die der Wohnungsunternahmen auf, das INWIS will die Daten höher gewichten. Es lässt über diese höheren Mieten abstimmen. Die Vermieter stimmen erwartungsgemäß zu. Der MieterInnenverein beteiligt sich nicht an der Abstimmung, weil diese seiner Meinung nach mit einer wissenschaftlichen Erhebung nicht vereinbar ist. Es stimmt aus diesem Grunde auch der Qualifizierung des Mietspiegels nicht zu. Der Hauptausschuss beschließt trotzdem die Qualifizierung. Der Mieterverein protestiert gegen die seiner Meinung nach überhöhten und nicht belegten Mieten und fordert Nachbesserungen.

2011-2012: Der Mietspiegel, der teilweise auf einer wissenschaftlichen Erhebung basiert und von der Stadt aber nicht vom Mietverein als „qualifiziert“ anerkannt ist, ermöglich zahlreiche Mieterhöhungen.

2013-2014: Fortgeschriebener Mietspiegel 2011. MieterInnenverein protestiert wegen fehlerhafter Grundlage und Begründung. Die Mieten in Witten sind geringer gestiegen als die Lebenshaltungskosten. | Mieterhöhungen der LEG, die sich auf den Oberwert der Mietspiegelspanne berufen, scheitern vor dem Amtsgericht Witten.

2014: Gerichtsgutachten stellt fest, dass der Mietspiegel 2011 nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde. Mieterverein fordert Neuerstellung.

2015: Mietspiegel 2013 ist als „qualifizierter“ ausgelaufen. Keine Bemühungen der Stadt für neuen Mietspiegel.

Februar 2016: LEG beginnt mit Mieterhöhungsverlangen, die mit eigenen Vergleichswohnungen begründet sind und z.T. sehr deutlich über den bisherigen Mieten liegen.

Mai 2016: Die Fraktion der Linken im Rat beantragt die Erstellung eines neuen Mietspiegels samt Haushaltstitel. Die Grünen schließen sich an. Die Mehrheit des Rates lehnt ab.

Bei einer Diskussionsveranstaltung der Wittener SPD betont NRW-Wohnungsbauminister Gro-schek die Wichtigkeit eines qualifizierten Mietspiegels und kündigt seinen persönlichen Einsatz dafür an, dass Witten einen qualifizierten Mietspiegel erhält.

3.6.2016: NRW-Bauministerium betont auf Anfrage des WDR, dass der Mietspiegel eine kommunale Selbstverwaltungsangelegenheit und eine freiwillige Leistung darstellt.

7.6.2016: Anfrage der SPD-Fraktion im Rat zu Umsetzung der Groschek-Ankündigungen

9.6.2016: Bürgermeisterin Leidemann bezeichnet qualifizierten Mietspiegel auf Anfrage des WDR als „wünschenswert“. Er sei aber wegen der Haushaltslage schwer finanzierbar. Behandlung im Rahmen des „Masterplans Wohnen“ angekündigt.

Knut Unger, MieterInnenverein Witten