Offener Brief an die Grünen: Wohnungspolitische Anforderungen zu „Jamaika“

Am kommenden Mittwoch beginnen die Sondierungsgespräche über eine eventuelle schwarz-gelb-grüne Koalition im Bund. Welche Rolle wird dabei die Mietenpolitik spielen? Eine Gruppe mietenpolitischer InteressenvertreterInnen, AktivistInnen und WissenschftlerInnen hat sich in einem Offenen Brief an Bündnis 90/Die Grünen gewandt und „wohnungspolitische Mindestanforderungen“ formuliert, die aus ihrer Sicht von einem „Jamaika“-Vertrag erfüllt werden müssten.

In dem Schreiben (PDF) heißt es:

Es darf keinen Koalitionsvertrag geben, mit dem nicht wenigstens die folgenden wohnungspolitischen Vorhaben vereinbart werden:

1. Die Mietpreisbremse muss, wie im Wahlprogramm versprochen, deutlich verbessert werden, indem Ausnahmen gestrichen werden.

2. Die Mieterhöhung nach Modernisierung muss, wenn sie schon nicht ganz abgeschafft werden kann, doch wenigstens auf 5 % gedeckelt und an schärfere Voraussetzungen im Sinne einer ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit gebunden werden.

3. Die steuerliche Wohnungsgemeinnützigkeit von dauerhaft sozial gebundenen Wohnungsunternehmen (demokratisch geführte und sozial orientierte Genossenschaften, Kommunalunternehmen und Private) muss wieder eingeführt werden. Durch Steuerzulagen an diesen Sektor ist die Beteiligung des Bundes an der Wohnungsbauförderung auch über 2019 hinaus mindestens im bisherigen Umfang zu sichern. Bundeseigene Grundstücke sind bevorzugt an gemeinnützige Wohnungsunternehmen abzugeben.

4. Es soll eine wirksame Besteuerung von Anteilsverkäufen an Wohnungsunternehmen eingeführt werden. Es dürfen keine Steuererleichterungen geschaffen werden, die durch die Hintertür Eigenheimzulagen und Privatisierungsprämien einführen.

5. Auch im Mietrecht müssen Verbandsklagen und Sammelfeststellungsklagen ermöglicht werden.

6. Es müssen gesetzliche Mindestanforderungen an das Geschäftsgebaren professioneller Vermieterii geschaffen werden.

7. Der Schutz vor Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen muss verbessert werden. Die Verschlechterungen der vorletzten Bundesregierung bei Kündigungs- und Räumungsschutz müssen rückgängig gemacht werden.

Komme es nicht zu verbindlichen Vereinbarungen in diesem Sinne, befürchten die AutorInnen in den nächsten Jahren weitere Verschlechterungen in der sozialen Wohnungsversorgung. Das Staatshandeln drohe zunehmend in Widerspruch zu dem Menschenrecht auf Wohnraum zu geraten.

Bei ihren „Anforderungen“ können sich die AutorInnen auf Formulierungen im ausführlichen Wahlprogramm der Grünen und auf Zusagen bei Veranstaltungen berufen.

Die AutorInnen glauben oder hoffen:

Das werden die Grünen nicht wollen und einer Koalition der Wohnungsnot und Mieterentrechtung eine Absage erteilen.

Gleichwohl wollen sie nicht von vornherein jede Möglichkeit einer aus mietenpolitischer Sicht erträglichen „Jamaika“-Koalition ausschließen:

Auch wenn wir uns von einer „Jamaika“-Koalition keine „großen Sprünge“ für eine soziale Wohnungspolitik erhoffen können, wollen wir auf der der anderen Seite auch nicht von vornherein ausschließen, dass insbesondere die Unionsparteien zu sozialen Zugeständnissen in der Wohnungspolitik gebracht werden könnten und dass auch Interessen eines Teils der FDP-Klientel nicht grundsätzlich in Widerspruch zu einer solchen Politik stehen.

Ansatzpunkte für derartige Kompromisse finden sich in der Lsite der Anforderungen. Nur wenn die Kolaitionspartner unbedingt eine Politik der Bereicherung der Vermietungskonzerne betreiben wollen, werden sie sich gesetzliche Mindestanforderungen an deren Geschäftsgebaren, der Einführung von Verbandsklagerechten oder der Besteuerung der Share-Deals verweigern. Bei den Modernisierungen sollten auch für die FDP zumindest Klarstellungen bei den Voraussetzungen an die Mieterhöhung diskutabal sein. Und die Neue Wohnungsgeneinnützigkeit könnte eine „goldene Brücke“ bilden, um auch ohne Grundgesetzänderung eine soziale Wohnungsbauförderung durch den Bund weiterhin zu ermöglichen.

Die nächsten Wochen wetrden zeigen, ob zumindest die Grünen derartige Vorstöße unternahmen werden, oder ob die Wohnungspolitik ebenso stiedmütterlich behandelt wird wie im Wahlkampf.