Die LEG-Mieterhöhungswelle 2016 in Witten

Im Februar 2016 begann die LEG ihre Mieterhöhungen mit drei Vergleichswohnungen zu begründen. Der MieterInnenverein vertrat im Jahr 2016 etwa 60 betroffene Mietparteien. In der Cranachstraße, Friedrich-Ebert-Straße und am Vormholzer Ring haben die Mieter zusätzlich Unterschriften bei ihren Nachbarn gesammelt, die sich gegen den Umfang der Mieterhöhungen richten. Es muss von mehreren hundert Betroffenen ausgegangen werden. Die LEG besitzt in Witten ca. 1500 Wohnungen.

In den vergangenen Jahren berief sich die LEG bei ihren Mieterhöhungsverlangen auf den Wittener Mietspiegel, der bis Ende 2014 als „qualifiziert“ galt. Dabei berechnete die LEG ihre Mieterhöhungen ohne Begründung immer wieder auf Grundlage des Oberwerts der Mietpreisspanne. Nachdem das Amtsgericht dieses Vorgehen mehrfach für unzulässig erklärt hatte, wurden starke Mieterhöhungen seltener und nach Schreiben des Mieterverein in der Regel zurückgezogen.

Seit Februar 2016 begründet die LEG ihre Mieterhöhungen in den meisten Fällen mit drei Vergleichswohnungen aus dem eigenen Wohnungsbestand. Es gibt bislang drei „Wellen“ derartiger Mieterhöhungsversuche: zum 1. Mai, zum 1. Juni und zum 1. August 2016. Schwerpunkte liegen in den Quartieren Rathenau-/Erzberger-/Knapmannstraße, Friedrich-Ebert Str. 38/40, Schückingstr. 1-3 (alle Annen), Cranachstr. 1-9 (Bommern), Am Huchtert/Im Hauswinkel/Knappensiedlung (Herbede) und Vormholzer Ring (Vormholz). Betroffen sind damit sowohl Wohnungsbestände, die schon lange im Besitz der LEG oder ihrer Töchter sind (z.B. Herbede) als auch Wohnungen, die erst in den letzter Zeit augekauft wurden, u.a. von der Immeo (Annen).

Die verlangten Mieten und Mietsteigerungen sind unterschiedlich hoch. Die Mieterhöhungen erfolgen auch innerhalb der Quartiere zeitlich versetzt. Nicht alle Mieter eines Quartiers erhalten gelichzeitig Mieterhöhungsverlangen. Die Miethöhen können sich auch innerhalb eines Hauses unterscheiden.

Der MieterInneverein Witten hat sich in etlichen Sammel- und Einzelschreiben an die LEG, auch an den Vorstand und die Geschäftsführung, gewandt, und diese Erhöhungsversuche als überhöht kritisiert. In den Antwortschreiben ist die LEG auf die inhaltlichen Argumente nicht eingegangen. Sie hält ihr Vorgehen für rechtlich zulässig. Sie wolle die Sache vor Gericht klären. Angebote zur Vereinbarung von „Musterklagen“ hat die LEG abgelehnt. Auf Verhandlungsvorschläge des MieterInnenverein und von Mietergemeinschaften, wonach in einigen Siedlungen ein Teil der Mieterhöhungen akzeptiert werden sollte, hat die LEG nicht reagiert. Auch bei der Aktionsversammlung der LEG verteidigte der Vorstand die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens.

Prüfung der Vergleichswohnungen

In einem wesentlichen Teil der Erhöhungsfälle bestehen große Zweifel, dass die von der LEG benannten Vergleichswohnungen mit ihren hohen Mieten auch wirklich vergleichbar sind. Zum Beispiel in der Fridrich-Ebert- und der Cranachstraße wurden Wohnungen als Vergleichsmaßstab benannt, die umfangreich modernisiert wurden, vor allem im Badbereich. Sind die angegebenen Wohnungen nicht vergleichbar, ist dies ein formeller Mangel der Mieterhöhung. Sie wird damit unwirksam. Die LEG kann aber jederzeit eine wirksame Mieterhöhung nachschieben, – z.B. nachdem ein Teil der Mieter die eigentlich unwirksame Erhöhung akzeptiert hat.

Prüfung anhand des alten Mietspiegels

Unabhängig von der Frage der formellen Wirksamkeit muss in vielen Fällen bestritten werden, dass die geforderten Mieten der ortsüblichen Vergleichsmiete in Witten entsprechen.

Da die Mieten der Vergleichswohnungen dem direkten Einfluss der LEG unterworfen sind, ist eine Repräsentativität dieser Werte nicht gegeben. Eine aktuelle repräsentative Datenergebung zu den ortsüblichen Mieten in Witten ist nicht existent. Auch wenn die Qualifizierung des Mietspiegels ausgelaufen ist, stellt er bzw. seine Datengrundlage deshalb weiterhin die verlässlichste Grundlage für die Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmieten dar. Auch Sachverständigengutachten müssten diese Werte ggf. berücksichtigen.

Der MieterInnenverein hat die einzelnen Mieterhöhungsverlangen der LEG deshalb anhand des Mietspiegels überprüft. Dabei wurden auch Varianten berechnet, die eine Fortschreibung des Mietspiegels um den Lebenshaltungskostenindex vorsehen, sowie Varianten, die die Datengrundlage des Mietspiegels um umstrittene Gewichtungsaufschläge bereinigen.

In etwa 40 Fällen – also der überwiegenden Mehrzahl – liegen bereits die jetzt gezahlten Mieten über den um den Lebenshaltungskostenindex fortgeschriebenen Mietspiegelwerten. Diese Werte werden in vielen Fällen erheblich überschritten, z.T. um über 50 Cent/qm. Hier sind Mieterhöhungen nach Ansicht des MieterInnenvereins unbegründet.

Mit der Ausnahme eines Gebäudes liegen alle von der LEG verlangten neuen Mieten über den fortgeschriebenen Mietspiegelwerten, in einigen Fällen (An-nen) um über 1 Euro/qm. In etwa eine Drittel der vorliegenden Fälle sind zwar die neu verlangten Mieten zu hoch, kleinere Mietanhebungen verhandelbar sein. Die LEG ist auf entsprechende Angebote nicht eingegangen.

Bei der Eingruppierung in den Mietspiegel haben wir nur zum Teil besondere Nachteile der Wohnungen berücksichtigt. Werden diese Eingruppierungen konsequent vorgenommen und werden zudem die Auswertungsfehler des Mietspiegels korrigiert, ist keine der Miethöhungen begründet.

Unwahrscheinlich hohe Steigerungen

Auch wenn man den veralteten Mietspiegel als Bewertungsgrundlage verwerfen würde, können Steigerungen der Durchschnittmieten alter Arbeiterwohnungen von über 1 Euro/Quadratmeter innerhalb von drei Jahren in Witten ausgeschlossen werden.

Selbst eigene Marktanalysen der LEG und die Ermittlungen der Angebotsmieten im Auftrag des Jobcenters kommen zu weit niedrigeren Mieten. In einigen Häusern (Schückingstraße, Rathenaustraße) ist aufgefallen, dass die LEG leerstehende Wohnungen zu Mieten unterhalb der anderen Mieten (nach, z.T vor der Erhöhung) verlangt.

Zu diesen Mieterhöhungen kommen in einigen Fällen noch Erhöhungen wegen Modernisierung (Alter Garten, Schückingstraße) hinzu.

Knut Unger, MieterInnenverein Witten